Full text: Die außereuropäischen Erdteile, Die deutschen Schutzgebiete (Teil 5)

Mittelamerika. 37 
Argentinien. 
Der zukunftsreichste Staat Südamerikas ist Argentinien. Es 
umfaßt 2,9 Mill. qkm; das ist ebensoviel wie Deutschland, Osterreich-Ungarn, 
Schweiz, Italien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark und Skandi- 
navien zusammen. Sein Nordrand erreicht die heiße Zone; der südlichste Punkt 
liegt in der Breite Norddeutschlands. Aus dieser Fläche wohnen wenig über 
5 Mill. Menschen (1,76 auf 1 qkm). Kaum ein anderes Gebiet der Erde eignet 
sich so wie Argentinien, noch eine große Menschenmenge aufzunehmen und zu 
ernähren! 
Früher war das Land von Urwald und einförmigen Steppen (Pampas) er- 
füllt. Herden halbwilder Pferde und Rinder, bewacht von den Gauchos, bevöl- 
kerten die Ebenen. Jetzt ist bereits ein großer Teil der Steppe als Ackerland unter 
den Pflug genommen; ein anderer ist Viehweide, mit Luzerne und guten Futter- 
gräsern bestanden. Heute sind 700 000 qkm mit Weizen-, 120 000 qkm mit Hafer- 
feldern bedeckt, und doch ist das erst ein Bruchteil des kulturfähigen Landes! Die 
Viehzucht hat sich erstaunlich entwickelt; durch Einfuhr edler Zuchttiere ist die 
einheimische Rasse erheblich verbessert worden. Man schätzt den Viehreichtum auf 
30 Mill. Rinder, 8 Mill. Pferde, 67 Mill. Schafe (namentlich in Patagonien). 
Je wohlhabender die Landwirte wurden, um so mehr stieg die Kaufkraft des Volkes 
und damit die Einfuhr von Industriewaren. Auch der Urwald wird wirtschaftlich 
ausgenützt. Deutsche Gerber entdeckten in den Wäldern eine Baumart, die außer- 
ordentlich reich an Gerbstoff ist; die Rinde dieses Baumes — neuerdings sogar das 
kleingeraspelte Holz — wird unter dem Namen Quebracho (fpr. kebratfcho) in 
großen Mengen nach Deutschland verfrachtet. 
In unglaublich kurzer Zeit hat sich Argentinien zum Welthandelsstaat und 
seine Hauptstadt Buenos Aires zur Millionenstadt (iy2 Mill. Einw.) entwickelt. 
Sein Gesamthandel (Ein- und Ausfuhr) betrug 1903 noch 1,4 Milliarden M., 1907 
2,4 Milliarden, 1913 3,7 Milliarden! Das ist ebensoviel wie der Handel Kanadas 
und weit mehr als der Chinas mit 80mal soviel Bevölkerung, oder der Japans. 
Mit Deutschland steht Argentinien in reger Handelsbeziehung. Unter 
unseren Lieferanten steht es an siebenter Stelle. Wir bezogen 1913 für 
99 Mill. M. Leinsaat, 90 Mill. M. Wolle, 75 Mill. M. Weizen, 71 Mill. M. 
Rindshäute, 62 Mill. M. Mais, 19 Mill. M. Hafer, 13 Mill. M. Quebrachoholz. 
Unsere Ausfuhr könnte besser sein. Wir liefern Maschinen (namentlich elektrische), 
Stacheldraht zur Umzäunung der Viehweiden, Kleiderstoffe, Rübenzucker. 
Als die Entwicklung Argentiniens zum Ackerbaustaat begann, war das deutsche 
Kapital zu ängstlich; die Engländer bewiesen mehr Wagemut und haben heute 
fast das ganze Eisenbahnnetz und damit einen Hauptteil der Einnahme in der Hand. 
Auch die Union ist uns vorausgeeilt. Erst in den letzten Jahren ist in Deutschland 
das Verständnis dafür erwacht, daß Argentinien in Zukunft vielleicht eines der 
wichtigsten Gebiete für unsere heimische Volkswirtschaft sein wird, 
sowohl als Brot- und Fleischlieferant, wie auch als Abnehmer für unsere Industrie- 
erzeugnisse. 
Von dem benachbarten Uruguay kommt insbesondere Fleischextrakt, wäh- 
rend der Binnenstaat Paraguay Mais, Mate und Orangen ausführt.
	        
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