Full text: Länderkunde des Deutschen Reiches, Mathematische Erdkunde, Wirtschafts- und Verkehrskunde (Teil 6)

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war Württemberg eines der wenigen Länder, in denen die Land- 
stände ihren Einfluß behaupteten. 
IT. Maria Theresia und Joseph II. von Osterreich. 
Ein Hauptvertreter der Aufklärung war neben Friedrich dem 
Großen Kaiser Joseph II., Maria Theresias Sohn. 
1. Maria Theresia 1740—1780. a. Ansänge. Maria Theresia 
(S. 215), 1717 geboren, zeichnete sich früh durch Schönheit und geistige 
Vorzüge aus. Sie sprach außer der Muttersprache Lateinisch, Fran- 
zösisch, Spanisch, Italienisch, beschäftigte sich mit Vorliebe mit Ge- 
schichte, sang und musizierte mit Meisterschaft. Ihrer Neigung 
folgend heiratete sie (1736) Herzog Franz von Lothringen 
(der sein Stammland Lothringen 1737 mit Toscana vertauschen 
mußte; Lothringen bekam ein Bewerber um die polnische Krone, 
nach dessen Tod Frankreich) und war ihm eine hingebende Gattin, 
ihren zahlreichen Kindern eine treubesorgte Mutter. Der uner- 
wartete Tod ihres Vaters berief sie 1740 auf den Thron. Die neue 
Königin von Ungarn und Böhmen war in der schlimmsten Lage 
und von ihrem Vater in völliger Unkenntnis der Verhältnisse 
gelassen. „In diesen Verhältnissen", schrieb sie später selbst, „befand 
ich mich, ohne Geld, ohne Kredit, ohne Armee, ohne eigene Ersah- 
rung und Wissenschaft und endlich auch ohne allen Rat." Aber sie 
zeigte sich als geborene Regentin und nahm mutig den Kampf für 
ihr Recht aus. Wenn auch Schlesien verloren ging, so wurde doch 
in der Hauptsache das Habsburgische Erbe gerettet. Während des 
Krieges um ihr Erbe wurde ihr Gemahl Franz zum deutschen 
Kaiser gewählt (1745—1765). Kaiser Franz I. hatte freilich im 
Reich nicht viel zu regieren. In Österreich aber führte Maria 
Theresia in der Hauptsache die Regierung selbst, b. Regierung. 
Sie zeigte sich auch im Frieden als eine ausgezeichnete Fürstin von 
scharfem Verstand und großer Tatkraft. Schon die Friedensjahre 
vor dem siebenjährigen Krieg hatte sie dazu benützt, ihr Heer in 
bessern Stand zu setzen. Gleich nach der ersten Schlacht im sieben- 
jährigen Krieg schrieb Friedrich der Große: „Es sind nicht mehr die 
alten Österreicher." Er schrieb der Kaiserin das Verdienst zu. Ihre 
Generale Daun und Laudon machten ihm den Sieg schwer. Nach 
dem Friedensschluß arbeitete sie unermüdet an der Hebung ihres 
Staates. Die einzelnen Länder mit ihren besonderen Rechten und 
Verfassungen suchte sie in einen einheitlichen Staat umzuwandeln. 
Sie erleichterte die Lage der Bauern, beförderte Handel und Gewerbe, 
sorgte für bessere Rechtspflege. Besonders das Schulwesen lag ihr 
am Herzen: die Volksschule, die ganz im argen lag, wurde unter 
ihr eigentlich erst begründet. Obgleich sie ihrer Kirche ganz ergeben 
und der Aufklärung abgeneigt war, begann sie doch, fast ganz von 
Jüngern der Aufklärung umgeben, auch auf kirchlichem Gebiet 
manche Neuerungen, beschränkte z. B. die Zahl der Feiertage. 
Schmerzlich war ihr, daß sie mit ihrem aufgeklärten Sohn Joseph, 
den sie nach dem Tod des Vaters zum Mitregenten angenommen 
hatte, in vielem nicht einig war. Nur mit Kummer gab sie auf
	        
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