Full text: Das Deutsche Reich (Teil 6)

Deutschlands Wirtschaftsleben. 127 
Ein neues Mittel zur raschen Nachrichtenbeförderung haben wir in der draht- 
losen Telegraphie. Ein 250 m hoher Signalmast in Nauen bei Berlin ermög- 
licht uns, Depeschen durch Funkspruch bis Kamerun und Neufundland zu senden. 
Wenige über die deutschen Besitzungen verteilte Stationen werde:: hinreichen, 
Deutschland im Nachrichtendienst unabhängig von England zu machell. 
Vorteile und Nachteile der Weltwirtschast. 
Unweigerlich mußte Deutschland mit seinem Bevölkerungszuwachs vom Acker- 
baustaat zum Industriestaat und zur Welthandelsmacht vorwärtsschreiten. Ein 
Rückwärts gibt es für uns nicht — das wäre unsere völlige Vernichtung! Wir können 
nur noch fragen: Welche guten und unangenehmen Folgen hat unsere Beteiligung 
an der Weltwirtschaft? 
A. Borteile. 
1. Wir verschaffen uns Waren, die es bei uns nicht gibt (Baumwolle, Kaut- 
schuk, Kaffee, Tee, Kakao, Rohseide, Reis, Petroleum). 
2. Wir beziehen Waren, die bei uns nur in geringer Güte zu haben sind (Tabak). 
3. Wir beziehen Waren, von denen wir im Jnlande nicht die genügende Menge 
haben können (Wolle, Weizen, Gerste, Wein, Kupfer, Pelzwerk, Eisenerze, Holz). 
4. Die deutsche Industrie erhält ein ungeheures Absatzgebiet und kann sich 
deshalb außerordentlich entwickeln. 
5. Jedes Land stellt als Austauschware vor allem das her, worin es besonders 
leistungsfähig ist. Die Güte der Waren wird durch Arbeitsteilung gesteigert. 
6. Das wirtschaftliche Leben wird stetiger. Mißernten in einem Gebiet können 
leichter ausgeglichen werden durch reichliche Ernten in einem anderen. 
7. Der Wohlstand der Bevölkerung steigt. Denn je mehr Ware erzeugt und 
verkauft wird, um so mehr kann Gewinn verteilt werden. 
B. Nachteile. 
1. Wir werden vom guten Willen des Auslandes abhängig. Unser Wirtschafts- 
leben stockt, sobald uns unsere Hauptlieferanten etwa für Weizen, Baumwolle, 
Kautschuk, Eisenerze im Stiche lassen oder unsere Abnehmer ihre Grenzen durch 
Zölle sperren. 
2. Wir werden von allen wirtschaftlichen Nöten im Auslände mitbetroffen. 
Eine Mißernte in Amerika, ein Aufruhr in China, eine Rinderpest in Argentinien 
treffen uns empfindlich. 
3. Um unseren Waren den Absatz zu sichern, müssen wir mit allen Staaten 
Freundschaft zu hslten suchen, während unsere Mitbewerber uns alle möglichen Hin- 
dernisse in den Weg legen. 
4. Im Kriegsfall ist Deutschland heute viel verwundbarer denn je. Es hat 
nicht nur seine Landgrenzen zu schützen, sondern auch die unschätzbaren Werte, die 
auf dem Weltmeer unter deutscher Flagge schwimmen. 
Da uns kein „Rückwärts" möglich ist, gilt es, die genannten Nachteile abzu- 
schwächen. Und hierfür gibt es nur ein Mittel: Deutschland muß einig und 
stark sein; es muß den Mut haben, überall in der Welt seinen Willen 
Fischer-Geistbeck-Wagner, Erdk. f. d. höh.Lehranstalten in Sachsen. VI. T. 9**
	        
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