Object: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen

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XIII. Vaterland und Volkstum. 
preußischer Reiter darin gezeigt hätte. Er versicherte mir, daß, lueuu 
alle Soldaten, die au diesem Tage mitgefochteu, so tapfer gewesen 
wären wie dieser, die Franzosen hätten geschlagen werden müssen, 
wären sie auch noch dreimal stärker gewesen, als sie in der Tat waren. 
— Dieser Kerl, sprach der Wirt, sprengte, ganz voi: Staub bedeckt, 
vor meinen Gasthof inib rief: „Herr Wirt!" Ich fragte: „Was gibt's?" 
— „Eilt Glas Branntwein!" antwortete er, indem er seilt Schwert in 
die Scheide wirft, „mich dürstet." „Gott im Himmel!" sag' ich, „will 
Er machen, Freund, daß Er wegkommt! Die Franzosen siild ja dicht 
vor denr Dorf!" — „Ei was!" spricht er, indem er dem Pferde den 
Zügel über ben Hals legt, „ich habe ben ganzen Tag nichts genossen." 
— „Nun, Er ist, glaub' ich, vom Satan besessen. He, Lise !" rief ich 
und schaff ihm eine Flasche Danziger herbei und sage: „Da!" nnb will 
ihm die ganze Flasche in die Hand drücken, damit er nur reite. „Ach 
was!" spricht er, indem er die Flasche wegstößt nnb sich den Hut ab- 
nimmt, „wo soll ich mit dem Quark hin?" Und „schenk Er ein!" 
spricht er, indem er sich dell Schweiß non der Stirn abtrocknet, „denn 
ich habe keine Zeit." — „Nun, Er ist eilt Kind des Todes!" sage ich. 
„Da," sag' ich und schettk' ihm ein, „da, trink' Er und reit' Er. 
Wohl lnag's Ihm bekommen!" — „Noch eills!" spricht der Kerl, 
während die Schüsse scholl von allen Seiteil ins Dorf prasseln. Ich 
sage: „Noch eins? Plagt Jhlt — ?" — „Noch eins!" spricht er nnb 
streckt mir das Glas hiil, „ltnb gut gemessen!" spricht er, indem er sich 
den Bart wischt nnb sich vom Pferde herab schneuzt, „denn es wird 
bar bezahlt." — „Ei, mein' Seel' ! so wollt' ich doch, daß ihr — da!" 
sage ich und schenk' ihm noch, loie er verlangt, ein zweites lind schenk' 
ihnl, da er getrunken, noch ein drittes ein und frage: „Ist Er min 
zufrieden?" — „Ach," schüttelt sich der Kerl, „der Schnaps ist gut! 
Na," spricht er nnb setzt sich den Hut auf, „ivas bin ich schuldig?" 
— „Nichts, nichts," versetz' ich, „pack' Er sich! Die Franzosen ziehen 
augenblicklich iils Dorf!" — „Na," sagt er, iitbent er in seinen Stiefel 
greift, „so soll's Jhill Gott lohnen." — Er holt ans dem Stiefel einen 
Pfeifenstummel hervor und spricht, nachdenl er ben Kopf ausgeblasen: 
„Schaff' Er mir Feuer!" — „Feuer?" sag' ich, „plagt Ihn —?" — 
„Feuer, ja!" spricht er, „denll ich will mir eine Pfeife Tabak an¬ 
machen !" — „Ei, dell Kerl reiteil Legioilell — ! He, Lise!" ruf' ich, 
nnb während sich der Kerl die Pfeife stopft, schafft das Mädchen ihlil 
Feuer. — „Na," sagt der Kerl, die Pfeife, die er sich angemacht, im 
Munde, „nun sollen doch die Franzosen die Schwerenot kriegen!" Und 
damit, indem er sich den Spitt in die Augen druckt und zum Zügel 
greift, wendet er das Pferd nnb zieht vom Leder. „Eill Mordkerl!" 
sag' ich, „will Er sich scheren, wo Er hingehört? Drei Chasseurs (sprich 
Schassör—Jäger) — sieht Er nicht? — halten ja schon vor dem 
Tore!" — „Ei was!" spricht er, indem er ausspuckt, und faßt die 
drei Kerls blitzend iils Auge, „wenn ihrer zehn wären, ich fürcht' mich 
llicht!" Und in devi Augenblick reiten auch die drei Franzosen schon 
ins Dorf. „Bassa Manelka !" ruft der Kerl und gibt seinem Pferde 
die Sporen nnb sprengt auf sie eill nnb greift sie an, als ob er das
	        
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