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Königreich Sachsen.
VI. Bodenschätze und Industrie.
§ 273. Die einst reiche Erzausbeute hat in Sachsen fast aufgehört. Dafür
ist aber die Stein- und Braunkohlengewinnung mächtig gestiegen Auch
besitzt das Land viele ertragreiche Steinbrüche.
Sachsen ist der industriereichste Staat des Deutschen Reichest
In Industrie, Handel und Verkehr waren 1907 etwa 74F, in der Land-
Wirtschaft nur 11 % der Erwerbstätigen beschäftigt^ (§ 287). Bezeichnend für
die sächsische Industrie ist ihre Vielseitigkeit, doch steht die Textilindustrie
in ihren verschiedenen Formen voran. Immer mehr wird die Gewerbtätigkeit
zur Großindustrie, die Heimindustrie geht zurück.
§ 274. Da gute Verkehrslage und billige Betriebskraft die Grund-
bedinguugen einer lebenskräftigen Industrie bilden, so sind die Zwickauer
und Chemnitzer Gegend, der Planensche Grund und die Umgebnn-
gen der Großstädte die Hauptindustriegebiete Sachsens geworden.
Der Zug in die Stadt, eine Folge der industriellen Entwicklung, hat
sich in Sachsen stark bemerkbar gemacht. Erheblich angewachsen sind die Groß-
stüdte auf Kosten der kleineren Gemeinden, und längst überwiegt die Bevölkerung
der Städte die der Landgemeinden.
VII. Handel.
§ 275. Die Jndnstrieerzeugnisse Sachsens sind zum großen Teile für die Aus-
fuhr bestimmt. Demgemäß treibt das Land einen sehr umfänglichen
Handel.
Unter den fremden Abnehmern stehen voran Böhmen, Großbritannien und
die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Erster Handelsplatz Sachsens
ist seit langer Zeit Leipzig. Dresden, Chemnitz, Plauen und Zittau folgen.
Der Förderung von Handel und Gewerbe dienen die Handels- und Gewerbe-
kammern dieser Orte.
VIII. Verkehr.
§ 276. Die zentrale Lage brachte Sachsen einen regen Durchgaugsver-
kehr und manchen wirtschaftlichen Vorteil, ließ es aber auch zum
Schauplatz zahlreicher Kampfe werden.
§ 277. Alte Straßen Sachsens sind die „Hohe Straße"*, die von Halle nach
Leipzig, Würzen, Dahlen, Strehla, Großenhain, Königsbrück, Kamenz, Bautzen,
Löbau, Görlitz, Breslau und weiter nach Polen führte, die Neiße-Straße
(Görlitz—Prag), der „Böhmische Weg", eine „Salzstraße" von Leipzig
über Leisnig, Öderan, Sayda nach Brüx, die Reichsstraße von Nürnberg
* Sachsen förderte 1908 für 8 Mill. M. Braunkohle, für 65 Mill. M. Steinkohle.
2 Sachsen hatte 1909 etwa 28 000 Fabriken mit fast £ Mill. Arbeitern.
3 1849 kamen auf die Landwirtschaft 37 %, auf Industrie, Handel und Verkehr 50 %.
4 Die Niedere Straße ging von Halle über Eilenburg, Torgau, Belgern, Lieben-
werda, Senftenberg, Spremberg nach Breslau.