Verkehrskunde. 263
Kauptverkehrswege bis zur Neuzeit. Bis zum Beginn der
Neuzeit uahm der Verkehr zwischen Abend- und Morgenland seinen
Weg über das Mittelländische Meer. Seit der Einnahme Konstantinopels
durch die Venetianer und Franken aus dem 4. Kreuzzuge wurden die
Erzeugnisse des Morgenlandes, die hier aus Vorder- und Jnnerasien
über das Schwarze Meer zusammenströmten, hauptsächlich nach Venedig
und Genua verschifft. Diese Orte sandten sie nach den süddeutschen
Städten Augsburg, Nürnberg, Regensburg, Wien, von wo sie sowohl
westwärts über Straßburg rheinabwärts gingen als auch die Donau
entlang oder durch Böhmen nach dem östlichen Europa. Verkehr und
Handel im nördlichen und östlichen Europa beherrschte dieHansa(—Bünd-
nis) (Vorort Lübeck), die von Brügge aus mit Spanien und Jtalieu iu
Verbindung stand; über Nord- und Ostsee reichte ihr Einfluß bis
London, Bergen, Wisby und bis Nowgorod, wo die Straßen aus dem
Osten und vom Schwarzen Meer sich trafen. Auch der alte Weg des
Bernsteinhandels, der die Weichsel entlang zum Dnjestr oder zur Adria
führte, behielt seine Bedeutung. Die Eroberung Konstantinopels durch
die Türken 1453 verschloß dies Eingangstor nach dem Morgenlande.
Dadurch und durch die Entdeckung Amerikas 1492 uud des Seewegs
nach Ostindien 1498 wurde der Verkehr in ganz andere Bahnen ge-
lenkt: in deu Vordergrund traten jetzt Portugal, Spanien, Holland
(feit dem Abfall von Spanien 1579), England (seit der Königin
Elisabeth f 1603). Lissabon und Sevilla, später Amsterdam und
London wurden nun die Ausgangspunkte der großeu Handelswege.
Für die Reise nach Ostindien gewann die von den Holländern 1602
bez. 1652 gegründete Kolonie im Kaplande große Bedeutung.
Eine vollständige Umwälzung des Verkehrswesens wurde herbei-
geführt, seitdem im Anfange des 19. Jahrhunderts der Dampf
als bewegende Kraft für Land- und Seefahrzeuge eingeführt ward.
Das erste Dampfschiff baute 1807 der Amerikaner Fulton; es legte
die Strecke vou Neupork nach Albany, 150 Seemeilen, in 32, ström-
abwärts in 30 Stunden zurück. Zahlreiche Flußdampfer wurden da-
rauf iu Amerika und in Europa gebaut und in Gebrauch gestellt.
1818 langte die „Savannah" nach 26tägiger Fahrt von Neuyork
iu Liverpool an, als erstes Schiff, das teilweise unter Dampf den
Ozean gekreuzt hatte. Aber erst 1838 fuhren zwei Schiffe unter aus-
schließlicher Benutzung der Dampfkraft von Bristol nach Neuyork,
und von da an beginnt die ozeanische Dampfschiffahrt. Mit
Unterstützung der englischen Negierung wurde 1840 die Eunard-Linie
eröffnet, die monatlich zweimal ein Dampfschiff von Liverpool nach