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nicht behaupten, sondern muhte zu Etzel und Helche zurückkehren. Er
wagte aber nicht, ihnen ohne deren Söhne vor die Augen zu treten,
und sandte deshalb den Markgrafen Rüdiger voraus. Ehe dieser
ankam, liefen schon die Rosse der erschlagenen Königssöhne mit blu¬
tigen Sätteln in die Königsburg und verrieten der Königin, die mit
ihrem Gefolge eben in dem Blumengarten lustwandeln wollte, das
entsetzliche Unglück. In ihrem Schmerze verwünschte sie zuerst den
Berner, beruhigte sich dann aber durch die besänftigenden Worte
Rüdigers, insbesondere als dieser meldete, datz auch Dietrich seinen
Bruder verloren habe, und bat für ihn bei Etzel. Bei seiner Ankunft
bot Dietrich zwar sein Leben als Sühne an, aber der König verzieh
ihm auf Fürsprache seiner Gemahlin und nahm ihn wieder in
Gnade auf.
e) Dietrichs Heimkehr; Hildebrands Kampf mit seinem Sohne Hadubrand.
Als durch Etzels zweite Gemahlin Kriemhild, wie die Nibe¬
lungensage erzählt, schweres Leid und dumpfe Trauer über König
und Land der Hermen gekommen war, befchlotz Dietrich, mit seiner
Gattin Herrat und seinem Waffenmeister Hildebrand in die Heimat
zurückzukehren. Die angebotene Hilfe lehnte er ab und brach gen
Süden auf. Sein feindlicher Oheim Ermenrich war inzwischen nach
langem Siechtum gestorben, und die Krone hatte Sibich an sich ge¬
rissen; Bern wurde von Hildebrands Sohn Hadubrand verwaltet. An
der Landesmark angekommen, traf der vorausreitende Hildebrand mit
seinem Gefolge seinen Sohn Hadubrand, der mit bewaffneter Macht
Grenzwache hielt. Jener fragte, wer sein Gegner sei, worauf dieser
sich Hadubrand, Hildebrands Sohn, nannte. Auf die abermalige
Frage gab der Sohn nähere Auskunft, so datz bei Hildebrand kein
Zweifel mehr bestehen konnte, er sähe sein leibliches Kind vor sich, das
er vor dreitzig Jahren bei seiner Flucht zurückgelassen hatte. Daher
gab er sich zu erkennen und bot Armringe zum Geschenke. Aber
Hadubrand glaubte ihm nicht; „tot ist Hildebrand,Heribrands Sohn",
so wiederholte er und schalt seinen Gegner einen Betrüger, der ihn
heranlocken und dann mit dem Speere werfen wolle, und einen
Feigling, der dem Kampfe auszuweichen beabsichtige. Nun konnte
der Alte den Waffengang nicht mehr vermeiden, da ihm vor zwei
Heeren der Vorwurf der Feigheit gemacht war und er niemand zu
überzeugen vermochte, datz wirklich sein Sohn ihm gegenüberstünde.
Es war eine jener Lagen geschaffen, wo das Unglück mit der Macht