VI. Das Klima.
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Die sog. mittleren höchsten und niedrigsten Temperaturen im Jahre betragen
für Posen >31,8° und -17,1°; d. h. man muß in jedem Jahre gewärtig
sein, Hitzegrade bis 4-31,8° und Kältegrade von -17,l" zu erleben. Die
größte bisher in Posen gemessene Hitze war in den Jahren 1865 und 1901 4-35,30,
und die größte Kälte im Jahre 1850 — 36,5". Frosttage, d. h. Tage, an
denen die Temperatur unter 00 sinkt, hat Posen 94 und Bromberg 111; davon
fallen die meisten in den Januar, nur die Sommermonate Juni, Juli und
August sind ganz frei von Frosttagen. Eistage, d.h. solche Tage, an denen die
Temperatur den ganzen Tag unter 0 0 bleibt, hat Posen 33, Bromberg 41,
die meisten wieder im Januar. Posen hat Eistage in den 3 Wintermonaten
und noch gelegentlich im November und März, Bromberg in diesen 5 Monaten
und zuweilen noch dazu im Oktober und April. Der erste Frost pflegt in
Posen am 31. Oktober, in Bromberg am 16. Oktober einzutreten, der letzte
in Posen am 25. April, in Bromberg am 30. April.
Neben der Temperatur bilden die Niederschläge den wichtigsten klimatischen
Faktor. Wie das Posener Land zu den kühlsten Gebieten Deutschlands gehört,
so noch ausgesprochener zu den trockensten; es muß also klimatisch wohl als
der Teil unseres großen Vaterlandes angesehen werden, der von der Natur
am stiefmütterlichsten behandelt worden ist. Die Provinz erreicht an keiner
Stelle die mittlere Niederschlagshöhe des Preußischen Staates, die auf 637 mm
berechnet ist, ja nicht einmal 600 mm, die sonst jede Provinz an irgendeinem
Punkte aufweist. Dagegen dehnt sie sich über den weitesten Teil der größten
zusammenhängenden Trockenzone im Deutschen Reiche hin. Dieses Trockengebiet
hat 450 bis 500 mm Fahresniederschlag und geht von der mittleren Warthe
über die obere Netze und untere Weichsel bis zur Ostsee. Don den Posener
Landschaften gehören zu dem Trockengebiet die ganze Ostposener und Kujavische
Hochfläche, der 0 von der Nord- und Westposener Hochfläche, etwa von der Linie
Schneidemühl — Obornik — Grätz an, und der niedrige Nordrand der Südposener
Hochfläche. Der Rest der Provinz, also der Westen und Süden, hat Zwischen
500 bis 600 mm Niederschlag. Die Gründe für diese Niederschlagsverteilung
liegen darin, daß der Atlantische Ozean, wie er der Hauptwärmespender, so
auch der Hauptniederschlagsspender ist, und daher alle entfernter, d. h. östlicher
gelegenen Landschaften weniger Niederschläge bekommen als die näheren westlichen.
Diese Erklärung reicht aber für die Südposener Hochfläche nicht aus, weil sie genau
so weit östlich liegt wie die Ostposener und doch merklich feuchter ist. Hier kommt
als Erklärung wieder die bedeutendere Höhe der Südposener Hochfläche in Betracht;
denn die Menge der Niederschläge nimmt aus gewissen Gründen mit der Höhe zu.
Die mittlere Niederschlagshöhe für das ganze Posener Land beträgt
513 mm; alle anderen Provinzen haben mehr Niederschläge. Die einzelnen
Jahre können aber recht verschieden hohe Niederschlagsmengen erhalten; so
hatte das nasseste bisher beobachtete Fahr in Posen (1888) 694 mm, das
trockenste (1874) nur 330 mm; danach hatte das nasseste mehr als doppelt so
viel als das trockenste Jahr. Auf das Fahr verteilen sich die Niederschläge
so, daß der Fuli am meisten und der Februar am wenigsten Niederschläge
aufweist. Es ist sehr günstig, daß die meisten Niederschläge gerade zur Zeit
des Höhepunktes der Vegetation und der größten Verdunstung fallen. Nach
dem bloßen Gefühl würde man vielleicht gerade umgekehrt den größeren
Niederschlagsreichtum im Winter und den geringeren im Sommer vermuten,