Full text: Grundriss der allgemeinen Erdkunde

314 
Biologische Erdkunde. 
ein Erfrieren ein. Das Versengen und Erfrieren besteht offenbar in 
einem Zerstören des Protoplasmas. Das Erfrieren ist nicht gleichbedeutend 
mit dem Gefrieren, das meist ohne schädliche Folgen ertragen wird. 
Der Punkt des Erfrierens liegt bei den einzelnen Pflanzen in sehr ver¬ 
schiedener Höhe und schwankt auch bei ein und derselben Pflanze sehr, 
je nach dem Entwicklungsstadium. 
Gegen zu große Hitze wie gegen zu große Kälte schützt die 
Pflanzen vielfach der Ruhezustand, die Wärme- und Kältestarre. In einem 
solchen überdauern sie lebensfähig selbst die größten Kälte- und Wärme¬ 
grade der Erde. Namentlich bleiben viele Samen, auch wenn sie der 
äußersten Kälte ausgesetzt werden, keimfähig, wie neuere Untersuchungen 
mit flüssiger Luft und flüssigem Wasserstoffe, die Temperaturen von 
—190° und —250° erzeugen, gezeigt haben. Aus klimatischen Gründen 
gibt es demnach auf der Erde keine vegetationslosen Gebiete. 
Große Wärme und Kälte bedingen besondere Vegetationsformen. 
In den heißen Gebieten der Erde finden wir Pflanzen mit geringer 
Blattentwicklung, mit dicken Blättern usw., worin wir allerdings meist 
Einrichtungen erkennen, die zugleich zum Schutze gegen eine zu große 
Wasserentziehung dienen. Bei den polaren Pflanzen, die also in den 
kältesten Regionen der Erde wachsen, bestehen die Schutzvorrichtungen 
gegen die Wirkung der Kälte in niedrigem Wüchse, in geringer Ent¬ 
wicklung der vegetativen Organe, in einer starken Ausbreitung der 
Wurzeln unter der Erde. Außerdem werden diese Pflanzen auch durch 
die eigene Laubdecke und mehr noch durch eine beständige Schneedecke 
geschützt. 
Diese Art der vegetativen Entwicklung bietet den Pflanzen zugleich 
Schutz gegen die schädliche Wirkung des Windes. Wind beschleunigt 
in hohem Maße die Transspiration und führt in vielen Fällen zur völligen 
Vertrocknung der Pflanze, namentlich wenn sie sich in windstiller Zeit 
zuvor üppig entwickelt hat. Weiter schadet der Wind auch durch seine 
rein mechanische Wirkung, durch das Zerreißen der Blätter und das 
Abbrechen der Zweige. Die Pflanzen passen sich bei dauernd wehenden 
Winden diesen Wirkungen dadurch an, daß sie in der vorherrschenden 
Richtung der Luftbewegung wachsen und in ihrer organischen Konstruk¬ 
tion mehr Festigkeit erhalten. Ablenkung der Wachstumsrichtung und 
Verdickung der Stämme und Zweige sind somit Folgen der Windwirkung. 
Für die Ausbreitung der Pflanzen über die Erde kommt dann weiter 
der Luftbewegung eine nicht geringe Bedeutung zu. Sie besorgt unter 
anderem die Verbreitung des Samens. Ferner verdanken einige Pflanzen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.