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Biologische Erdkunde.
ein Erfrieren ein. Das Versengen und Erfrieren besteht offenbar in
einem Zerstören des Protoplasmas. Das Erfrieren ist nicht gleichbedeutend
mit dem Gefrieren, das meist ohne schädliche Folgen ertragen wird.
Der Punkt des Erfrierens liegt bei den einzelnen Pflanzen in sehr ver¬
schiedener Höhe und schwankt auch bei ein und derselben Pflanze sehr,
je nach dem Entwicklungsstadium.
Gegen zu große Hitze wie gegen zu große Kälte schützt die
Pflanzen vielfach der Ruhezustand, die Wärme- und Kältestarre. In einem
solchen überdauern sie lebensfähig selbst die größten Kälte- und Wärme¬
grade der Erde. Namentlich bleiben viele Samen, auch wenn sie der
äußersten Kälte ausgesetzt werden, keimfähig, wie neuere Untersuchungen
mit flüssiger Luft und flüssigem Wasserstoffe, die Temperaturen von
—190° und —250° erzeugen, gezeigt haben. Aus klimatischen Gründen
gibt es demnach auf der Erde keine vegetationslosen Gebiete.
Große Wärme und Kälte bedingen besondere Vegetationsformen.
In den heißen Gebieten der Erde finden wir Pflanzen mit geringer
Blattentwicklung, mit dicken Blättern usw., worin wir allerdings meist
Einrichtungen erkennen, die zugleich zum Schutze gegen eine zu große
Wasserentziehung dienen. Bei den polaren Pflanzen, die also in den
kältesten Regionen der Erde wachsen, bestehen die Schutzvorrichtungen
gegen die Wirkung der Kälte in niedrigem Wüchse, in geringer Ent¬
wicklung der vegetativen Organe, in einer starken Ausbreitung der
Wurzeln unter der Erde. Außerdem werden diese Pflanzen auch durch
die eigene Laubdecke und mehr noch durch eine beständige Schneedecke
geschützt.
Diese Art der vegetativen Entwicklung bietet den Pflanzen zugleich
Schutz gegen die schädliche Wirkung des Windes. Wind beschleunigt
in hohem Maße die Transspiration und führt in vielen Fällen zur völligen
Vertrocknung der Pflanze, namentlich wenn sie sich in windstiller Zeit
zuvor üppig entwickelt hat. Weiter schadet der Wind auch durch seine
rein mechanische Wirkung, durch das Zerreißen der Blätter und das
Abbrechen der Zweige. Die Pflanzen passen sich bei dauernd wehenden
Winden diesen Wirkungen dadurch an, daß sie in der vorherrschenden
Richtung der Luftbewegung wachsen und in ihrer organischen Konstruk¬
tion mehr Festigkeit erhalten. Ablenkung der Wachstumsrichtung und
Verdickung der Stämme und Zweige sind somit Folgen der Windwirkung.
Für die Ausbreitung der Pflanzen über die Erde kommt dann weiter
der Luftbewegung eine nicht geringe Bedeutung zu. Sie besorgt unter
anderem die Verbreitung des Samens. Ferner verdanken einige Pflanzen