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2. Kurze Zeit darauf lief das nämliche Mäuschen durch den Wald
und suchte sich Nüsse. Da hörte es das klägliche Gebrüll eines Löwen.
„Der ist in Gefahr!" sprach es bei sich und ging der Stelle zu, von
wo das Gebrüll heriibertönte.
Es fand den großmütigen Löwen von einem starken Netz umschlungen,
das der Jäger heimlich ausgespannt hatte, um damit große Waldtiere zu
fangen. Die Stricke hatten sich so künstlich zusammengezogen, daß der
Löwe weder seine Zähne noch die Stärke seiner Tatzen brauchen konnte,
um sie zu zerreißen. „Warte nur, mein Freund," sagte das Mäuschen,
„da kann ich dir wohl am besten helfen!" Es lief hinzu und zernagte die
Stricke, die seine Vordertatzen gefesselt hatten. Als diese frei waren, zerriß
er das übrige Netz und ward so durch die Hilfe des kleinen Mäuschens
wieder frei. Än0
47. Der Buchweizen.
1. ^ft, wenn man nach einem Gewitter an einem Acker vorübergeht,
auf dem Buchweizen wächst, sieht man, daß er ganz schwarz geworden
und abgesengt ist. Es ist gerade, als ob eine Feuerflamme über ihn hin¬
gefahren wäre, und der Landmann sagt dann: „Das hat er vom Blitze
bekommen!" Aber warum bekam er das? — Ich werde erzählen, was der
Sperling mir gesagt hat, und der Sperling hat es von einem alten Weiden¬
baume gehört, der bei einem Buchweizenfelde stand und noch steht.
Es ist so ein ehrwürdiger, großer Weidenbaum, aber verkrüppelt
und alt; er ist mittendurch geborsten, und es wachsen Gras und Brom¬
beerranken aus dem Spalte hervor. Der Baum neigt sich vornüber, und
die Zweige hängen ganz auf die Erde herunter, gerade als ob sie ein
langes, grünes Haar bildeten.
2. Auf allen Feldern ringsumher wuchs Getreide, nicht bloß Roggen
und Gerste, sondern auch Hafer, ja, der herrliche Hafer, der, wenn er reis
ist, gerade wie eine Menge kleiner, gelber Kanarienvögel auf einem Zweig
aussieht. Das Getreide stand so gesegnet, und je reicher die Ähre war,
desto tiefer neigte sie sich in frommer Demut.
Aber da war auch ein Feld mit Buchweizen, und dieses Feld lag
dem alten Weidenbaume gerade gegenüber. Der Buchweizen neigte sich
durchaus nicht wie das übrige Getreide, sondern prangte stolz und steif.
„Ich bin wohl so reich wie die Kornähre," sagte er, „überdies bin
ich weit hübscher. Meine Blumen sind schön wie die Blüten des Apfel¬
baumes; es ist eine Freude, auf mich und die Meinigen zu blicken. Kennst
du etwas Prächtigeres als uns, du alter Weidenbaum?"