Die mitteleuropäische Zeit. — Größe und Abplattung der Erde.
11
Umgekehrt läßt sich die östliche bzw. westliche Länge irgendeines Erdortes leicht
ermitteln, sobald man die Greenwicher Zeit kennt. Daher benutzt man zur Be-
stimmuug der geographischen Länge Chronometer, genau gearbeitete, zuverlässige
Federuhren, die entweder direkt Greenwichzeit anzeigen, oder doch nur um be-
kannte Beträge von dieser abweichen. Zeigt nun im Augenblick des Meridian-
durchgaugs der Sonne (12*' mittags) das Chronometer z. B. 12h 56m Greenwich¬
zeit an, so muß die Sonne schon vor 56™ = 14 x 4ra den Nnllmeridian durchquert
haben uud somit der Beobachter auf 14° westlicher Länge stehen. — Gibt dagegen das
Chronometer in dem genannten Zeitpunkte die gleichzeitige Greenwichzeit z. B. zu
10h 36m, so verstreichen noch lh 24m — 84m — 21 x 4m, bis die Sonne den Null-
Meridian erreicht. Die Länge des Beobachtungsortes ist demnach 21° 0 usf.
Im übrigen gelingt die Längenbestimmung in fast genau derselben Weise auch,
wenn die Sonne nicht gerade im Meridian steht, oder wenn andre Gestirne beobachtet
werden.
2. Aus dem Voraugegaugeuen folgt, daß sämtliche Orte, die auf verschiedenen
Meridianen liegen, auch zu verschiedenen Zeiten Mittag haben und infolgedessen
auch in den übrigen Zeitangaben voneinander abweichen müssen. Diese Ungleichheit
der „Ortszeiten" ist im Verkehrsleben, namentlich im Eisenbahn- uud Telegraphen-
verkehr, als sehr lästig empfunden worden und erschwerte und verzögerte etwaige
Mobilmachungen. Deshalb haben verschiedene europäische Völker sich vereinbart,
eine einheitliche Zeit anzunehmen. Zu dem Zwecke hat man die Erdoberfläche in
Stundenzonen, 24 möglichst durch Meridiane begrenzte Flächenstücke der Erde von
je 15 Längengraden Breite, eingeteilt. Die 1. Zone reicht, damit der Nullmeridian
die Mittellinie der Zone werde, von 7|-° westlich bis 7|-° östlich von Greenwich.
England und Frankreich, Belgien, Spanien und Portugal richten sich nun nach der
Ortszeit von Greenwich; sie haben die westeuropäische Zeit. Die 2. Zeitzoue reicht
von 7-|° bis 22|-0 östlich von Greenwich. Ihre Mittellinie ist der Meridian von
15° östlicher Länge; das ist der Meridian von Stargard in Pommern oder Görlitz.
Die Ortszeit dieses Ortes gilt in Deutschland als Einheitszeit. Diese Zeit haben auch
Schweden und Norwegeu, Dänemark, Luxemburg, die Schweiz, Italien, Österreich-
Ungarn, Serbien und die westliche Türkei angenommen, also die mitteleuropäischen
Länder. Deshalb nennt man diese Einheitszeit die mitteleuropäische Zeit.
Nach ihr richten wir uns in Deutschland seit dem 1. April 1893 im gesamten Ver-
kehrsleben. Um die Ortszeit ans der mitteleuropäischen Zeit zu siuden, muß mau
bei den östlich vom 15.° gelegenen Orten eine Anzahl von Minuten zulegen, bei den
westlich gelegenen abziehen. Zuzulegen sind in Königsberg in Ostpr. 22, in Danzig
14, in Bromberg 12, in Breslau 8 Minuten. Abzuziehen sind von der mittelenro-
päischen Zeit in Aachen 36, in Düsseldorf 33, in Karlsruhe 26, in Hamburg 20,
in Berlin 6, in Dresden 5, in Stettin 2 Minuten. Osteuropäische Zeit (22|— 37|°
östlich von Greenwich) haben Bulgarien, Rumänien uud die östliche Türkei.
11. Größe und Abplattung der Erde.
^ Zur Ermittelung der Erdgröße mißt man ein längeres Stück eines Meridians.
Es sei a km lang. Dann bestimmt man die geographischen Breiten der beiden End-
punkte. Ist die des polnahen cp^°, die des andern f/>20, so enthält der gemessene
Mendianbogen cpx ^ ©rabe der Breite. Dann ist jeder Grad —-—km lang
cPi fPi
und der ganze über die Pole gemessene Erdumfaug 360 - —-— km.
<P\ ~ Cp2