Full text: Das Deutsche Reich, Zusammenfassende Darstellung der mathematischen Erdkunde, Wiederholung der außereuropäischen Erdteile, Grundzüge der Handelsgeographie und Verkehrswege (Teil 6)

Anhang. 115 
zuzuwenden. Die gesteigerte Fürsorge für die Hebung der Binnenschiffahrt kommt 
einesteils zum Ausdruck in der Regulierung von Flußläufen, andernteils in dem 
Bau von Binnenkanälen. 
In Europa waren seit alten Zeiten die Holländer Meister des Wasser- 
baues. Reich an Kanälen ist ferner Rußland, Norddeutschland und Frank- 
reich. In allen diesen Gebieten setzt die Natur derartigen Anlagen keine oder 
doch nur geringe Hindernisse entgegen. Auch Österreich ist sehr um die Er- 
Weiterung seines Kanalnetzes bemüht. 
In Außer-Europa sind besonders China und Nordamerika im Besitze 
großer Binnenkanäle. In letzterem verknüpfen Kanäle die Kanadischen Seen 
unter Benutzung von Flußläufen mit dem Mississippi-System und dem At- 
lantischen Ozean. Zu den bedeutendsten von ihnen zählen der Eriekanal, der 
von Bussalo am Eriesee zum Hudson führt, also den Verkehr des Binnenlandes 
mit New Jork besorgt, und der Sault St. Marie-Kanal zwischen dem Oberen 
und dem Huron-See. 
Anhang. 
Telegraphie. 
Geschichte. Durch die Göttinger Professoren Gauß und Weber 1833 
erfunden, zählt der Telegraph heute zu den wichtigsten unserer Verkehrsmittel. 
Ganz besonders große Verdienste um Vereinfachung und Verbilliguug des 
Telegraphenwesens hat sich die deutsche Post- und Telegraphenverwaltung unter 
ihrem ehemaligen Leiter, dem Staatssekretär Dr. von Stephan, erworben.1) 
Die Gesamtzahl der vorhandenen Kabel beträgt gegenwärtig 2040 und 
die Gesamtlänge aller Kabellinien rund 460000 km; hiervon sind indes nur 
1644 Kabel mit rund 80000 km, also 1j6 in sta atlich em Besitze; sämtliche 
übrigen Linien, darunter mit zwei Ausnahmen alle großen Weltverkehrslinien, 
gehören Privatgesellschaften, deren es 33 gibt. 19 derselben haben ihren 
Sitz in London. Da nun die englische Regierung auf diese Gesellschaften sich 
einen maßgebenden Einfluß gesichert hat, so ist der größte Teil des Weltkabel- 
netzes (rund 3/5 [60 %] aller Seekabel) von England abhängig, was sich besonders 
im letzten südafrikanischen Krieg sehr fühlbar gemacht hat. In neuester Zeit 
macht sich daher in verschiedenen Staaten ein starkes Streben nach Schaffung 
eigener Kabellinien geltend. So hat sich auch das Deutsche Reich bereits 
zwei direkte Verbindungen nach den Vereinigten Staaten gesichert. Die Gesamt- 
länge der deutschen Kabel beträgt gegenwärtig 30000 km — 7% (1870 erst 
über 1000 km). Der Gesamtwert des unterseeischen Weltkabelnetzes beläuft sich 
auf rund 1 Milliarde Mark. 
x) Noch 1849 kostete ein einfaches Telegramm (20 Wörter) von Berlin nach Aachen 
über 15 M. (heute 1 M.) und eine in Berlin nach 8 Uhr abends nach dem gleichen Orte 
aufgegebene Depesche von 50 Wörtern, die heute für 2,50 M. befördert wird, 55,10 M. 
Eine außerordentliche Ermäßigung der Tarife trat im Laufe der Jahre für die Kabeltele- 
gramme ein. Für ein transatlantisches Kabeltelegramm bis zu 20 Worten waren bis 1867 
400 M. zu entrichten. Heute bewegt sich die Worttaxe für eine Depesche nach den Ver- 
einigten Staaten von Amerika um 1 M.
	        
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