Full text: Allgemeine Erdkunde, ausgewählte Abschnitte aus der Länderkunde, Lesestoffe aus der geographischen Literatur (Teil 7)

4. Seemacht und Weltmacht. 91 
Durch den Wandel der Zeiten ist das Meer auch uns Deutschen näher ge- 
rückt. Der Seehandel ist im Wirtschaftsbetrieb ein Lebensnerv von höchster Be- 
deutung geworden; deutsche Schiffe vermitteln ihn nach fast allen Küsten; hoch 
stehen durch ihre Organisation die regelmäßigen überseeischen Fahrten der Reedereien 
von Hamburg und Bremen; eine Kriegsmarine ist erstanden, klein für die Größe 
ihrer Aufgabe, Schutz für Küsten und Schiffahrt zu gewähren, aber hochstehend 
durch den Geist, der sie leitet und in ihr waltet; Schiffe, welche jeden Wettbewerb 
aufnehmen, werden auf heimischen Werften gebaut, und sie erfreuen sich der Für- 
sorge durch ausgezeichnete Einrichtung der wenigen Häfen, welche die Küste besitzt. 
Auch die wissenschaftliche Meereskunde wird betrieben. Namhafte Gelehrte beteiligen 
sich an ihr; die Seewarte hat durch ihre Arbeit der Nautik, der Ozeanologie und 
der maritimen Meteorologie allgemein nutzbare Dienste geleistet; die Marine wirkt 
mit zu der Herstellung vorzüglicher Seekarten; biologische Stationen bestehen an 
unseren Küsten; Deutschland betätigt sich an der internationalen Erforschung der ' 
europäischen Nordmeere; wohlausgerüstete Expeditionen sind ausgesandt worden, 
um an den Untersuchungen über die Tiefsee nnd an grundlegenden, um die Antarktis 
zirkumpolar angeordneten wissenschaftlichen Arbeiten ruhmvollen Anteil zu nehmen. 
Dazu bringen jetzt Fahrten zur See vielen eine Erweiterung von Sinn und Ver- 
ständnis für andere Länder und Völker. So ist auch bei dem Bewohner des 
deutschen Binnenlandes die Erkenntnis erwacht, daß er durch seine Küste mit allen 
Küsten der Erde in Verbindung steht, und daß es an der Weckung des Unter- 
nehmungsgeistes liegt, um eine der Größe des Reiches entsprechende Beteiligung 
an dem wirtschaftlichen Nutzen zu erwirken, welchen der Verkehr über die Meere 
bietet. Seit zwanzig Jahren erspäht der Blick jenseits der engen- heimischen 
Meeresgrenzen ferne Küsten eigenen überseeischen Besitzes. An sie knüpft sich un- 
mittelbares persönliches Interesse; daher sind sie geeignet, dem Blick in die Weite 
festere Ziele zu weisen und jenseits der Meere gelegene Länder der Heimat un- 
mittelbar zu verbinden. Leider müffen wir es uns gestehen, daß diese Erkenntnisse 
noch _ lange nicht allgemein durchgedrungen sind und die Einsicht noch nicht zur 
Herrschaft gelangt ist, daß Seehandel und Kolonien, wenn ihr Bestand gesichert 
sein soll, des Schutzes durch eine kraftvolle und ausreichende Flotte bedürfen.
	        
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