Full text: Von der Urzeit bis zum Ausgange des Dreißigjährigen Krieges (1)

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IV. Die landesfürstlich-städtische Zeit. 
(1410/1437) die Regierung antrat. König Wenzel lebte noch und 
machte Anspruch auf seine Würde, und Sigismunds Gegner wählten 
Jost von Mähren. So besaß das Reich drei Oberhäupter. Um den päpst¬ 
lichen Stuhl stritten damals drei Päpste: Gregor XII., Benedikt XIII. 
und Nikolaus V. bezw. nach dessen Tode Johann XXIII. — eine Folge 
der babylonischen Gefangenschaft des Papsttums —. Die politischen 
Wirren lösten sich bald: Jost starb 1411 kinderlos, und Wenzel überließ 
Sigismund die Regierung des Reiches und begnügte sich mit dem 
Königstitel und der Aussicht auf die Königskrone. So war Sigismund 
bald der allgemein anerkannte König. Durch feine umfassende Haus¬ 
macht (Ungarn, Brandenburg und Aussicht auf das Erbe Wenzels) war 
er imstande, dem deutschen Königtum eine neue Bedeutung zu geben. 
Der Losung der kirchlichen Wirren sollte das von Johann XXIII. 
einberufene Konzil zu Konstanz (1414/1418) dienen. Diese glänzende 
Kirchenverfammlung, die größte des Mittelalters, sollte neben der 
Beseitigung des kirchlichen Schismas aber auch die von Hus vertretenen 
Irrlehren Wiclefs beseitigen und eine Reformation der Kirche an Haupt 
und Gliedern vornehmen. Mit besonderem Eifer bemühte sich Sigis¬ 
mund um das Zustandekommen des Konzils, und durch tatkräftiges 
Eingreifen — besonders bei der Flucht Johanns XXIII. nach Schaff¬ 
haufen — verhinderte er dessen vorzeitige Auflösung. Die erste Auf¬ 
gabe löste das Konzil verhältnismäßig leicht: Johann XXIII. wurde 
abgefetzt, Gregor XII. trat freiwillig zurück, Benedikt XIII. wurde 
von feinen Anhängern verlassen, und als neuen Papst wählte man 
Martin V. — Auch die zweite Aufgabe des Konzils wurde gelöst: 
Johann Hus hatte an der Universität Prag zahlreiche Irrlehren 
verbreitet — er lehrte besonders die Prädestination, leugnete den 
Primat des Papstes und erklärte, einem geistlichen oder weltlichen 
Fürsten fei man feinen Gehorsam schuldig, wenn er in Todsünde lebe 
— und in Böhmen großen Anhang gefunden. Das Konzil, vor dem 
Hus unter Zusicherung freien Geleits, erschien, forderte ihn zum 
Widerruf feiner Irrtümer auf; da er sich dazu nicht bewegen ließ, 
so wurde er als Ketzer erklärt und erlitt standhaft den Feuertod (1415). 
— Die dritte Aufgabe des Konzils wurde nur unvollkommen gelöst. 
Zwar wurden mit der englischen, deutschen und französischen Nation 
einzelne Konkordate abgeschlossen, die das Derleihungsrecht der Bistümer 
und die dem Papste bei der Verleihung eines Kirchenamtes zu 
leistenden Abgaben (Annaten) regelten; damit aber war die Reform 
der Kirche keineswegs gelöst. 
Die Verurteilung der hussitischen Lehre sollte noch viele 
Kämpfe im Gefolge haben. Schon 1415 bildete sich innerhalb des
	        
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