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'dieser wieder langsam rechtläufig zu werden, bis in p die rechtläufige Bewegung ihr
Maximum erreicht hat und der Vorgang sich wiederholt.
Man sieht aus dieser kurzen Betrachtung der Sache, daß sich die zweite Un¬
gleichheit mit Hilfe der Epicykel im ganzen ziemlich gut erklären läßt. Je mehr
sich aber die Beobachtungskunst bei verbesserten Instrumenten vervollkommnete, je
genauer namentlich die Positionsbestimmungen wurden, desto größere Differenzen
stellten sich mit den aus dem System errechneten Planetenorten und jenen beob¬
achteten heraus. Indem man den Beobachtungen gerecht zu werden suchte und
zuletzt Epicykel auf Epicykel häufte, kam man immer weiter von dem einfachen
Sachverhalte ab.
4. Das Ägyptische System. Um den nach dem Ptolemäischen System nicht zu
lösenden Widerspruch, daß Mer¬
kur und Venus nie in Oppo¬
sition mit der Sonne kommen,
zu beseitigen, ward auch das
in Fig. 92 dargestellte Ägyp¬
tische System aufgestellt, wel¬
ches die genannten beiden Pla¬
neten nicht direkt, sondern mit
der Sonne als Mittelpunkt um die
Erde kreisen ließ. Dieses System
hat aber nie allgemeine Geltung
gewonnen und litt, weil es die
Erde im Mittelpunkte des Welt¬
alls festhielt, im übrigen an den¬
selben Gebrechen wie das Ptole-
mäische. Dieses blieb bis zum
Anfange des 16. Jahrhunderts in
ungeschwächtem Ansehen, und
religiöse Vorurteile und einseitig
aufgefaßte Stellen der Bibel haben
nicht wenig dazu beigetragen, daß
die Wahrheit den Menschen so lange verhüllt blieb. Mit Nikolaus Kopernikus aber
sollte endlich eine neue Weltanschauung beginnen.
§ 36. Kopernikus und sein System.
1. Kopernikus. Dieser Begründer der neueren Astronomie wurde wahrscheinlich
am 19. Febr. 1473 zu Thorn an der Weichsel geboren. Nachdem er die Schule seiner
Vaterstadt verlassen hatte, studierte er in Krakau Medizin ; doch zogen ihn daneben
vor allem Mathematik und Astronomie an. Schon in seinem 27. Jahre hielt er in
Rom mit Beifall Vorlesungen in der ersteren Wissenschaft. Im Jahre 1498 wurde
er als Kanonikus an den Dom zu Frauenberg in Ermeland berufen, und hier widmete
er sich bald, angeregt durch die Schriften Peurbachs und Eegiomontanus' (Jol/i. Müller
aus Königsberg in Franken), der Astronomie. Die Resultate seines Studiums legte
er in einem aus 6 Büchern bestehenden großen Werke nieder, betitelt: ,,De orbium
coelestium revolutionibus". Dasselbe war bereits 1530 im Manuskripte vollendet,
ward aber erst später, namentlich auf Zureden des Kardinals v. Schönberg, gedruckt,
und war am 24. Mai 1543, dem wahrscheinlichen Todestage des Kopernikus, vollendet.
Es war dem Papste Paul III. gewidmet, und in der Vorrede entschuldigte sich
Fig. 93.