Full text: Lehrbuch der astronomischen Geographie

137 
'dieser wieder langsam rechtläufig zu werden, bis in p die rechtläufige Bewegung ihr 
Maximum erreicht hat und der Vorgang sich wiederholt. 
Man sieht aus dieser kurzen Betrachtung der Sache, daß sich die zweite Un¬ 
gleichheit mit Hilfe der Epicykel im ganzen ziemlich gut erklären läßt. Je mehr 
sich aber die Beobachtungskunst bei verbesserten Instrumenten vervollkommnete, je 
genauer namentlich die Positionsbestimmungen wurden, desto größere Differenzen 
stellten sich mit den aus dem System errechneten Planetenorten und jenen beob¬ 
achteten heraus. Indem man den Beobachtungen gerecht zu werden suchte und 
zuletzt Epicykel auf Epicykel häufte, kam man immer weiter von dem einfachen 
Sachverhalte ab. 
4. Das Ägyptische System. Um den nach dem Ptolemäischen System nicht zu 
lösenden Widerspruch, daß Mer¬ 
kur und Venus nie in Oppo¬ 
sition mit der Sonne kommen, 
zu beseitigen, ward auch das 
in Fig. 92 dargestellte Ägyp¬ 
tische System aufgestellt, wel¬ 
ches die genannten beiden Pla¬ 
neten nicht direkt, sondern mit 
der Sonne als Mittelpunkt um die 
Erde kreisen ließ. Dieses System 
hat aber nie allgemeine Geltung 
gewonnen und litt, weil es die 
Erde im Mittelpunkte des Welt¬ 
alls festhielt, im übrigen an den¬ 
selben Gebrechen wie das Ptole- 
mäische. Dieses blieb bis zum 
Anfange des 16. Jahrhunderts in 
ungeschwächtem Ansehen, und 
religiöse Vorurteile und einseitig 
aufgefaßte Stellen der Bibel haben 
nicht wenig dazu beigetragen, daß 
die Wahrheit den Menschen so lange verhüllt blieb. Mit Nikolaus Kopernikus aber 
sollte endlich eine neue Weltanschauung beginnen. 
§ 36. Kopernikus und sein System. 
1. Kopernikus. Dieser Begründer der neueren Astronomie wurde wahrscheinlich 
am 19. Febr. 1473 zu Thorn an der Weichsel geboren. Nachdem er die Schule seiner 
Vaterstadt verlassen hatte, studierte er in Krakau Medizin ; doch zogen ihn daneben 
vor allem Mathematik und Astronomie an. Schon in seinem 27. Jahre hielt er in 
Rom mit Beifall Vorlesungen in der ersteren Wissenschaft. Im Jahre 1498 wurde 
er als Kanonikus an den Dom zu Frauenberg in Ermeland berufen, und hier widmete 
er sich bald, angeregt durch die Schriften Peurbachs und Eegiomontanus' (Jol/i. Müller 
aus Königsberg in Franken), der Astronomie. Die Resultate seines Studiums legte 
er in einem aus 6 Büchern bestehenden großen Werke nieder, betitelt: ,,De orbium 
coelestium revolutionibus". Dasselbe war bereits 1530 im Manuskripte vollendet, 
ward aber erst später, namentlich auf Zureden des Kardinals v. Schönberg, gedruckt, 
und war am 24. Mai 1543, dem wahrscheinlichen Todestage des Kopernikus, vollendet. 
Es war dem Papste Paul III. gewidmet, und in der Vorrede entschuldigte sich 
Fig. 93.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.