146 X Walther von der Yogelweide. 
Sit deich die sinne so gar an sie wände, 
der si mich hat mit ir güete verdrungen. 
5 Daz ich gescheiden von ir niht enkan, 
da? hat ir schoene und ir güete gemachet, 
und ir röter munt, der sö lieplichen lachet. 
Ich hän den muot und die sinne gewendet 
an die vil reinen, die lieben, die guoten. 
10 Da? müe? uns beiden wol werden volendet, 
swes ich getar an ir hulde gemuoten. 
Swa? ich ie fröiden zer werkle gewan, 
da? hat ir schoene und ir güete gemachet, 
und ir röter munt, der sö lieplichen lachet. 
6. Das Halmorakel. 
In einem zwivellichen wän 
was ich gese??en, und gedähte, 
Ich wolte von ir dienste gän; 
wan da? ein tröst mich wider brähte. 
5 Tröst mag e? rehte niht gehei?en, owe des: 
e? ist vil küme ein kleine? troestelin; 
sö kleine, swenne ich? in gesage, ir spottet min. 
doch fröwet sich liitzel ieman, er enwi??e wes. 
Mich hat ein halm gemachet frö: 
10 er giht, ich sül genäde vinden. 
Ich mä? da? selbe kleine strö, 
als ich hie vor gesach von kinden. 
Nü hoeret unde merket ob si? denne tuo. 
'si tuot, si entuot, si tuot, si entuot, si tuot.’ 
15 swie dicke ich? also mä?, sö was da? ende guot. 
da? troestet mich: da hoeret ouch geloube zuo. 
7. Weib oder Frau? 
Wip muo? iemer sin der wibe höhste name, 
und tiuret ba? dan frowe, als ich? erkenne. 
Swä nü deheiniu si diu sich ir wipheit schäme, 
diu merke disen sanc und kiese denne. 
5 Under frowen sint unwip, 
under wiben sint si tiure. 
wibes name und wibes lip 
die sint beide vil gehiure. 
swie? umb alle frowen var, 
10 wip sint alle frowen gar. 
zwivellop da? hcenet, 
als under wilen frouwe: wip döst ein name ders alle kroenet. 
8. Auf Reinmars des Alten Tod. 
Reinmar hatte Walther am österreichischen Hofe kennen gelernt; ein näheres 
Freundschaftsverhältnis bestand jedoch, wie der zweite Spruch ergiebt, zwischen 
ihnen nicht. Um so höher ist Walthers Anerkennung zu schätzen. Die von Walther 
(Yers 12) angeführte Strophe lautet: