Full text: Die fremden Erdteile (Teil 2, Abt. 1)

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an immer mehr einzubürgern. Das Hauptnahrungsmittel ist Reis, 
daneben See- und Süßwasserfische und verschiedene aus Hülsenfrüchten 
bereitete Speisen. Schlachtvieh wird in geringer Menge verbraucht. 
Japan ist eigentlich ein Land ohne Haustiere. Der National-Japaner, 
der weder Milch trinkt, noch auch Fleisch ißt, hat für die Kuh 
keine Verwendung. Das Pferd ist in Japan auch nicht 'heimisch und 
wird nur zum Gebrauch für Fremde eingeführt. Die Lastkarren werden 
von Kulis gezogen, oder geschoben und die „Equipagen" oder Sänften 
werden von Lakaien oder gemieteten Männern befördert. Hunde 
finden sich in großen Rudeln verwildert; doch giebt es keine zahmen 
Haushunde, da der Japaner sie weder zur Wacht noch auch zur Jagd 
verwendet. In dieser Eigenschaft finden sie in Japan auch nur wieder 
bei den Ausländern Verwendung. Schafe und Ziegen sind ebenfalls 
unbekannt, ebenso wenig werden Schweine gehalten. Wolle wird nicht 
verwendet, da Japan bekanntlich große Baumwollbaumpflanzereien hat 
und durch seinen Reichtum an Maulbeerbäumen neuerlich auch vorzügliche 
Seideuzüchtereieu besitzt, so daß wolleues Zeug in Japan beinahe gar- 
nicht getragen wird. Schweinefett ist in der Küche des Japaners ein 
unbekanntes Ding. Maultiere uud Esel siud auf der Insel ebenfalls 
fremd. Hühner werden wenig, Enten und Tauben höchst selteu und 
auch nur von Ausländern gehalten. Doch räumt das rastlos vordringende 
europäische Kulturleben auch immer mehr mit der althergebrachten Er¬ 
nährungsweise des Volkes auf. Die Hauptnahrungsquellen sind 
Ackerbau, Kunstgewerbe und neuerdings Großindustrie uud Haudel. 
Jnbezug auf Gewerbe und Wissenschaft waren die Japaner bis in die 
neueste Zeit noch Schüler der Chinesen und lebten in ähnlicher Abgeschlossenheit 
wie diese. Seitdem es aber den Nordamerikanern gelungen ist, (1854) Japan 
dem Verkehr mit Europa und Nordamerika zu öffnen, hat das geweckte japanische 
Volk überraschend schnell viele Fortschritte unserer Kultur inbezug auf Gewerbe, 
Eisenbahn-, Telegraphen-, Heer- und Unterrichtswesen angenommen, so daß 
die Japaner unstreitig das gebildetste mongolische Volk sind. 
Zahlreiche junge Japaner studieren auf westeuropäischen Universitäten und 
werden dann in ihrer Heimat Förderer abendländischer Kultur. Sogar die 
Despotenherrschaft ist abgeschafft und eine Staatsverfassung mit Volksvertretung 
eingeführt. Der Mikado ist das weltliche und geistliche Oberhaupt. — Die 
Japaner sind außerordentlich fleißig im Anbau des Bodens. Selbst steile Berg- 
abhänge zeigen bei sorgfältiger künstlicher Bewässerung noch ergiebige Terrassen- 
kultur. Das japanische Kunstgewerbe ist uralt, und die japanische Industrie 
ist derjenigen aller andern asiatischen Kulturländer weit voraus. Die Japaner 
liefern ausgezeichnete Seidenstoffe, Glas-, Marmor-, Porzellan- und Lackarbeiten, 
sowie eigenartige Kunstschnitzereien. Hauptausfuhrstoffe sind indes Thee und 
Rohseide. 
3. Orts künde, a) Auf der Hauptinsel Hondo oder Nippon: Tokio 
(=» Osthauptstadt) Hst. mit 1,3 Mill. E., in einer fruchtbaren Ebene, in der 
Mitte der Ostküste, an einer breiten, inselgeschmückten Hafenbucht gelegen, ist 
bei seiner vortrefflichen Lage zu einer Riesenstadt von dem Umfange Londons 
angewachsen. Das kaiserliche Residenzschloß, umwallt und durch Äaumgehege 
dem Blick Uneingeweihter entzogen, bildet mit seinen Gärten, Teichen, Villen, 
Flüssen, Brücken einen Stadtteil für sich. Prachtvolle Tempel, stillgelegene 
Paläste der Großen, niedrige Bürgerhäuser, heilige Haine, Gärten, Warenhäuser 
und das bunte Volksgemisch in den schmalen Straßen der belebten Stadtviertel 
machen in ihrer Gesamtheit auf den Europäer einen großartigen, wenn auch 
eigenartigen Eindruck. Eine Bahnlinie, die älteste in Japan, verbindet Tokio 
mit der europäisch angelegten, aufblühenden Hafenstadt Jokohäma (160 Tsd. E.)
	        
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