Metadata: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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haben wollte, war der König sofort der Absicht, sich dieses Wunder¬ 
mannes unter allen Umständen zu versichern, denn bei dem Gold¬ 
mangel, der damals im Lande herrschte, war die Aussicht, möglichst 
viel dieses edlen Metalles sich verschaffen zu können, zu verlockend. 
Der König ließ daher Böttgher festnehmen und nach der Festung 
Spandau bringen, wo er Gold machen sollte. Böttgher entfloh jedoch 
und es gelang ihm, die sächsische Grenze zu erreichen. Er kam nach 
Wittenberg, wo er beim Kurfürsten August dem Starken Schuß 
suchte. Dieser war jedoch nicht weniger in Geldnöten, und erfreut 
von der Aussicht, mit Hilfe des jungen Apothekers Gold in un¬ 
beschränktem Maße gewinnen zu können, ließ er diesen unter sicherer 
militärischer Begleitung nach Dresden bringen. Hier wurde er be¬ 
wacht, doch gut behandelt und vom Kurfürsten bedrängt, ihm das 
Geheimnis, Gold zu machen, durchaus mitzuteilen. In seiner Not 
suchte Böttgher nach Österreich zu entfliehen. In Ens holten ihn 
indessen die nachgeschickten Häscher des Kurfürsten ein und brachten 
ihn auf die Festung Königstein. Der Kurfürst glaubte indessen noch 
immer Böttgher im Besitze des Geheimnisses, Gold machen zu können, 
und wollte ihn unter allen klmständen zwingen, ihm das Geheimnis 
zu verraten oder sofort mit dem Goldmachen anzufangen, da er 
sonst gehenkt werden sollte. 
Bei so trüben Aussichten machte sich Böttgher auf alles 
gefaßt. Doch Wochen, Monate und Jahre vergingen, Böttgher 
wurde nicht gehenkt, er machte aber auch kein Gold, dafür aber 
wurde er auf eine andere wichtige Erfindung aufmerksam gemacht. 
Ein gelehrter und human denkender Mann, Graf Walter von 
Tschirnhausen, der sich selbst mit Optik und alchymistischen Studien 
befaßt hatte und Glashütten mit großem Erfolg betrieb, faßte 
Mitleid mit dem bedauernswerten Gefangenen und ermunterte ihn, 
es mit der Erfindung von Porzellan zu versuchen. Porzellan¬ 
geschirre waren damals von den Portugiesen und Holländern aus 
China und Japan nach Europa gebracht worden und hatten sich 
schnell die Gunst der reichen und vornehmen Leute erworben. 
Von diesem Gedanken neu belebt, begann Böttgher sofort 
seine Versuche, Tag und Nacht arbeitend, vorläufig jedoch ohne 
Erfolg. Ein roter Ton, den er wiederholt zum Anfertigen von 
Schmelztiegeln verwandt hatte, sollte ihm den richtigen Weg weisen. 
Er fand, daß dieser Ton, einer großen Hitze ausgesetzt, verglaste, 
aber seine Form behielt und auch in der Beschaffenheit, Farbe und 
Durchsichtigkeit ausgenommen, dem Porzellan glich. Die weiße 
Farbe, die wesentliche Eigenschaft des echten Porzellans, herzustellen, 
dieses Geheimnis wollte ihm aber trotz aller Versuche nicht gelingen. 
So vergingen mehrere Jahre, bis ihm wieder ein Zufall zu Hilfe 
kam. Eines Tages, im Jahre 1707, fand er feine Perücke unge¬ 
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