§. 110. Oberflächengcstalt und Bewässerung des Landes.
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Pensa den Boden mit einer dichten schwarzen Modercrde, dem sog.
Tschnernosem bedeckt, der an Fruchtbarkeit mit den reichsten Marschen
unserer Seeküsten wetteifert. Hier ist aller Wald ausgerottet; das ganze
im Sommer ein ungeheueres Getreidemeer, eine der Kornkammern
Europas. Bis jetzt führen zahllose Karawanen das Korn auf ungebahnten
Wegen bis zum Dnjepr oder gar zur Küste nach Odessa. Wie wird sich die
Ausfuhr heben, wenn erst Odessa durch eine Eisenbahn mit seinem
Hinterlande verbunden sein wird.
Finnland bildet eine Erhebung für sich. Das innere des Landes
ist ein granitisches Plateau, dessen mittlere Höhe man zu höchstens 500
Fuß annehmen darf. Die Oberfläche desselben ist ein wirres Durchein¬
ander von Fels. Heide. Moor und Seen, so daß nur sehr vereinzelte
Stellen einer intensiveren Bodencultur fähig sind. Wasserscheiden sind
nur sehr unvollständig entwickelt; zur Zeit der Frühjahrsschmelze stehen
viele Flußsysteme in vorübergehender Verbindung. Die Flüsse, obwohl
wasserreich, find wegen ihres felsigen Bettes wenig schiffbar. Der Küsten¬
saum aber mit einer Breite von 5 —10 Meilen ist flach, zum Theil
mit Alluvionen bedeckt und des Ackerbaus fähig. Hier sitzen daher vor¬
zugsweise die schwedischen Colonisten, während das innere des Landes
den unvermischten Finnen überlassen ist.
Zwischen den ebengenannten Erhöhungen liegen Tiefebenen von
sehr verschiedener Natur. Zuerst im hohen Norden zwischen der uralisch-
karpathischen Landhöhe und dem Eismeer das Arktisch-Sarmatische
Tiefland. Im äußersten Norden eine Tundra, ist es südlich vom
Polarkreise mit unermeßlichen Wäldern von Kiefern und Tannen —
Lärchen und die schöne sibirische Ceder, Pinus cembra, treten nur
sporadisch auf — bedeckt. zwischen denen sich nur an den Ufern der
Flüsse Wiesen und etwas beackertes Land finden. Daher ist hier die
Jagd (besonders auf die grauen Eichhörnchen und andere kleine Pelz¬
thiere), Theerschwclen und Potraschesicden die Haupterwerbsquellc. Unter
den angebauten Gewächsen spielt der Flachs, der in rohem Zustande
oder versponnen exportiert wird, eine große Rolle. Dieser Charakter des
Landes setzt sich auch in die Ebenen von Jngerman nland, Livland,
Estland und Cur land fort, die mit dem nördlicheren Tieflande
durch die Ebene um den Onega und Ladoga in unmittelbarer Ver¬
bindung stehen. Nur ist hier der Wald mehr zurückgedrängr und Acker¬
bau vorherrschend, der sich auch hier vorzugsweise auf Flachs bezieht
(Riga!).
Das zweite Becken, gemeiniglich als das Centrale oder das
Becken von Moskau bezeichnet, ist durch die uralisch-baltische Land¬
höhe im Norden, die Düna-Donische im Westen, die Uralisch-Karpathische
im Süden und die Vorhügel des Ural im Osten begrenzt. Hier be¬
ginnt der Obstbau, in den Wäldern treten die Nadelhölzer mehr und
mehr gegen die Laubbäume, unter denen sich die Linde besonders geltend
macht, zurück, der Ackerbau bezieht sich neben den gewöhnlichen Getreide-
arten besonders auf Hanf. Noch mehr wird diese Pflanze indes auf
der düna-donijchen Landhöhc angebaut. Wald, Feld und Wiese stehen