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beiden genannten Monate ein ungünstiges Gesicht zeigen, um so schlimmer wird
es um einen guten Wein bestellt sein.^ Das Sprichwort sagt:
„Was August und September nicht braten,
Das läßt der Oktober auch ungeraten".
Mit der Reife der Trauben, sobald also dieselben genießbar werden,
schließt die Ortsbehörde die Weinberge. Besondere Wächter, „Ehrenflurschüpen",
werden ernannt, um über den Traubenzustand zu wachen. Die vollständige
Reife erlangen die Beeren mit dem Eintritt der Edelsäule. Bei ihrem Erscheinen
erhält die Traube eine dunkelgelbe Farbe; sie wird mit Schimmel, „dem Zucker-
stosf", überzogen. Die edelsaulen Beeren geben den besten Wein; werden sie
für sich gepflückt und gekeltert, so erhalten wir die „Auslese". Anhaltend nasses
Wetter im September erzeugt die Rohfäule, die den Wein verdirbt, ihn
sauer macht.
In früheren Zeiten begann die Lese der Trauben (die Ernte) bereits im
Oktober; es waren schöne Tage für den Rheinländer, und manches schöne Vor-
kommnis zeugte von dem echt fröhlichen Geiste dieses Volkes. In den letzten
Jahren wird die Ernte dagegen möglichst weit hinausgeschoben; gewöhnlich
beginnt sie erst im November und zieht sich nicht selten bis in den Dezember
hin. Diese Tatsache ist aus das „Herbsten" der Trauben nicht ohne Einfluß
geblieben. Die Kälte hat sich gesteigert, rauhe, dichte Nebel lagern im Tale
und aus den Höhen und' lassen keine rechte Erntelust zustande kommen. Nach
dem Pflücken wandern die Trauben zur Kelter und von da als süßer Most in
das Faß Bald regt es sich hier; die Gärung hat begonnen. Schon jetzt ist
uns ein süßer Trank möglich, es ist der beliebte „Federweißen".
Die Fässer enthalten durchschnittlich 1200 Liter; sie führen den Namen
„Stückfaß". Die viel größeren Lagerfässer kommen wieder mehr und mehr in
Gebrauch. Größere Weingutsbesitzer setzen den fertigen Wein durch öffentliche,,
gewöhnlich von Notaren abgehaltene Versteigerungen ab; kleinere Winzer geben
ihn „aus der Hand" ab oder bedienen sich der Winzervereine.
b) Das Rheiutal ist nicht nur geographisch, fonberit auch in
Hinsicht auf landschaftliche Schönheiten, Bodenkultur. Handel und Ver-
kehr das wichtigste aller genannten Flußtäler. Der 3tHein*) begleitet
nach seinem Austritt aus der oberrheinischen Tiefebene iu westlicher
Richtung den Taunus und durchzieht so von Maiuz bis Bingen den
weinreichen, fruchtbaren Rheiugau. Bei dem freundlichen Wiuzer-
städtchen Biugeu beginnt das Durchbruchstal, welches vou hier bis-
Bonn reicht. Durch das Becken von Neuwied zwischen Koblenz und'
Andernach wird das Rheintal in eine südliche und eine nördliche Ab-
teilung gegliedert.
Der südliche Teil des Durchbruchstales, von Bingen
bis Koblenz, ist in ein so enges, scharf ausgegrabenes Bett gezwängt,
daß kaum für die Straßen nud beiderseitigen Uferbahnen Raum bleibt.
Mit scharfen Felsmassen hängen die Schieferhöhen des Ufers über den
Strom; selten haben sie Gesträuch, noch seltener Wald, desto mehr
Reben, die der Strom „mit grünlicher Woge kühlet". Ehedem war
dieser Teil des Stromes sehr reich an Klippen und Strudeln. Am
gewaltigsten war der Kampf der Elemeute bei dem Quarzitfelseuriff des
„Biuger Lochs". Die Katarakte und Strudel des Binger Felsen--
kessels waren bis in die neueste Zeit der Schisfahrt gefährlich.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß sowohl auf dem Niederrhein als auch auf der
S im rock, Rheinsagen aus dem Munde des Volkes und deutscher
Dichter, Reumont, Rheinlands Sagen, Geschichten und Legenden. Simrock,.
Warnung vor dem Rhein. — Geibel. der Rhein. — Goethe, Geisrergruh.
— Heine, Lorelei. — Kopisch, der Mäuseturm.