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vom 7.—14. Lebensjahre; die Fortbildungsschulen sind für die
der Volksschule entwachsene Jugend bis zum 18. Jahre obligatorisch. Weiter-
gehende Bildung erteilen die Latein- und Realschulen und die höheren
Mädchenschulen. Die Land es Universität ist Tübingen. Hervor-
ragendes leisten auch die verschiedenartigen Fachschulen, unter denen
besonders die polytechnische und die Kunstschule zu Stuttgart zu nennen
sind. Für Kunst und Wissenschaft geschieht sehr viel von Staats wegen,
ferner durch Sammlungen und Vereine. In den beiden genannten
Städten bestehen anch Sternwarten. Besondere Fürsorge erfahren auch
die Anstalten für Taubstumme und Blinde, die Staats-Waisenhänser
und Rettungsanftalten.
2. Die wichtigste der Nah rungsq nellen ist die Landwirt-
schast, Nur ein verschwindend kleiner Teil der Bodenfläche ist nn-
bebant. Auf Äcker und Gärten kommen 45 °/0, auf Wiesen und Weiden
18 °/0, auf Waldbestand 31 °/0, auf Weinbau 1%, der Rest auf Od-
laud, Straßen, Städte und Hofanlagen. Getreide wird über Be-
darf gebaut und daher auch ausgeführt. Die Laudwirtschast weist
verhältnismäßig mehr Betriebe auf als Preußen und überschreitet
wesentlich den Reichsdnrchschnitt. Freilich ist anch die Zersplitterung
des Großgrundbesitzes sehr groß. Sehr bedeutend ist der Obstbau.
Er wird fast in allen Gegenden des Staates, sogar oft in ganzen
Obstwalduugeu, betrieben. Häufig ist auch in ausgedehntem Maße der
Anbau von Obst nnd Hackfrüchten miteinander verbuudeu. In großer
Blüte steht ferner der Anbau von Gartengewächsen, Gemüsen
(namentlich um Ulm, Stuttgart und Heilbronn) uud der Weinbau.
Am geschätztesten sind die Neckar-, Rems- und Taubertalweine. An
eigenartigen Gewächsen liefert Württemberg viel Eichvrie, Weberkarde,
Waid, Krapp nnd Senf. Auch Tabak, besouders aber Flachs und
Hans werden in nennenswerter Menge gebaut.
Die Viehzucht leistet insonderheit in der Rinderzucht sehr
viel. Hier wird der Reichsdurchschuitt bedeutend überschritten. Unter
dem Reichsdnrchschnitt bleibt die Zucht von Pferden (trotzdem der
Donaukreis viele, daruuter edle Pferde liefert), Schweineu, Schafen
und Ziegen. — Die Jagd ist nicht sehr bedeutend, einträglicher die
Fischerei in den Flüssen und Seen. Der Federsee liefert Welse bis
50 kg. Ju den Schneckengärten des Juragebiets treibt man umfang-
reiche und einträgliche Schneckenzucht < Weinbergschnecken). — Die
Industrie leidet unter dem Mangel an bergmännischen Erzeugnissen,
namentlich an Steinkohlen. Der Bergbau liefert in erster Linie
Salz (Heilbronn, Hall und Friedrichshall), ferner etwas Eisenerz,
Eisenvitriol und Alaun. Der älteste und heute noch wichtigste Industrie-
zweig Württembergs gründet sich daher auf die Bodenkultur; es ist
die Flachsspinnerei und Leinenweberei. In bedeutendem Auf-
schwung begriffen ist die B a u m w o l l e n i n d n st r i e, die K a m m g a r u -
spinn er ei und die Wollverarbeitung (Reutlingen, Eßlingen).
Bemerkenswert sind auch die Färbereien, Papierfabriken, die Stroh-
und Lederindustrie und die Gebkgsmdustrie im Schwarzwalde. — Der
Handel findet Unterstützung in guten und weitverzweigten Straßen.