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zu Sprachstämmen; das Gebiet der hauptsächlichsten Sprachstämme fällt an¬
nähernd mit der Verbreitung der einzelnen Menschenrassen zusammen, so daß
sich mehrere Sprachstämme mit einem Eassengebiete decken.
Unter den Vorschlägen, die man zur Einteilung der Eassen gemacht hat,
haben die Blumenbach sehe Einteilung in eine Mehrzahl von Eassen und
die C u V i e r sehe, in einer Dreiteilung gipfelnde den größten Wert. Heute unter¬
scheidet man gewöhnlich:
1. Die mittelländische Rasse, die man früher auch als kaukasische bezeichnete.
Sie umfaßt die wichtigsten Kulturvölker der Erde, nimmt innerhalb der heutigen
Menschheit eine führende Eolle ein und zählt etwa 800 Millionen Seelen, d. i. die
Hälfte des ganzen Menschengeschlechts. Sie geht von Europa und den E ändern
des Mittelländischen Meeres aus und wird nach der Sprache in drei große Gruppen,
die Indoeuropäer oder Indogermanen, die Semiten und die Hamiten, eingeteilt.
Als Eestvölker wohnen zwischen ihnen die Basken und die Kaukasusvölker, deren
Sprache mit den übrigen keine Verwandtschaft zeigt. Die Bezeichnung gerade
dieser Easse, die man auch kurzweg die weiße oder arische E asse nennt, und wobei
man unter Ariern auch wieder nur die Indogermanen versteht, macht eine große
Schwierigkeit. Der Ausdruck mittelländisch ist gewählt worden, weil die hervor¬
ragendsten Völker dieser Gruppe um das Mittelmeer herum ihre Blüte und ihre
Ausbildung erlangt haben. Vorherrschend ist bei ihnen helle Hautfarbe, die Aus¬
bildung des Schädels als Mittel- oder Kurzkopf, ein verhältnismäßig großes Gehirn,
ein ovales Gesicht mit mäßig vorspringenden Backenknochen, schmaler Nase,
rundem Kinn, geradstehenden Zähnen, schmalen Lippen, weichem Haar und
reichlichem Bartwuchs.
2. Die mongolische Rasse in Mittel- und Ostasien. Sie war früher wohl die
zahlreichste aller Eassen und umfaßte ein eigenes Kultur gebiet in Ostasien; jetzt
zählt sie mit 500 Millionen Seelen kaum noch ein Drittel der Menschheit. Weizen¬
gelbe, gelegentlich dunklere Hautfarbe, ein breitgesichtiger, kurzköpfiger Schädel
mit vorspringenden Backenknochen, ein verhältnismäßig plattes Gesicht mit wenig
vorspringender Nase, großem Mund, schief geschlitzten Augen und fast bartlosem
Kinn, sowie grobes, meist schwarzes straffes Haar sind die auffallendsten Kenn¬
zeichen. Doch gibt es große Unterschiede, so daß der westlichste Zweig der Easse,
die Finnen, in mancher Beziehung kaum von den Weißen zu unterscheiden ist.
3. Die Inselvölker der malayisch-polynesischen Easse wohnen im S. Asiens
und haben sich über die ganze Inselwelt des Indischen und Großen Ozeans ver¬
breitet. Einige Stämme, beispielsweise die Javanen, sind zu ziemlich hoher Kultur
gelangt. Ihre Gesamtzahl beträgt etwa 45 Millionen. Ihr schlichtes schwarzes
Haar, ihre gelblich-braune oder oliv-braune Hautfarbe erinnert an die Mongolen,
doch ist der Schädel länger, das Gesicht ovaler, die Nase stärker, das Haar weicher
und die Backenknochen stehen weniger hervor.
4. Die amerikanische Easse verbreitete sich in alter Zeit einheitlich über
den ganzen Erdteil vom höchsten N. bis zum Feuerland. Während einzelne Stämme,
wie die Eskimos, durch ihr breites Gesicht, ihre vorspringenden Backenknochen
und ihre geschlitzten Augen an die Mongolen erinnern, ist die Easse im allgemeinen
durch schwarzes Schlichthaar, geringen Bartwuchs, scharfrückige Nase und hohe
Stirn ausgezeichnet. Die Hauptfarbe ist gelblichbraun, die kupferrote Farbe
der ,,Eothäute" oder Indianer wurde im allgemeinen künstlich durch Färbung