gepäck in Einpfang. Die beiden großen Räume waren mit Gepäckstücken 
aller Art gefüllt. Auch an den Schaltern der Bahnpost ging es lebhaft 
zu. Hier kaufte jemand Postkarten und Freimarken. Dort gab ein 
Herr eine Depesche auf. Eine Frau neben ihm schrieb eine Postkarte. 
An dem andren Schalter nahm ein Mädchen Briefe in Empfang. 
„Kommt, wir wollen durch den Wartesaal 3. und 4. Klasse 
gehen!" sagte der Vater. Als wir eintraten, hörten wir ein lautes 
Schellen. In der Mitte stand ein Mann in Uniform, der rief 
langsam und laut: „Einsteigen in der Richtung nach Hanau, Bebra, 
Berlin.. . Bahnsteig 3." Viele Leute oerließen den Wartesaal. Wir 
folgten ihnen. Draußen aus dem Querbahnsteig herrschte ein un- 
beschveibliches Gedränge. In der mittleren Halle war eben ein 
Zug angekommen. Wie die Lokomotive keuchte und dampfte, gerade 
als ob sie müde geworden wäre von der langen Reise! Viele 
Reisende strömten aus dem Zuge. Bekannte und Verwandte standen 
an der Schranke, um die Ankommenden abzuholen. Das war ein 
fröhliches Winken, Lachen und Grüßen! 
Wir aber wandten uns zu dem Bahnsteig, wo unsre Mutter 
ankommen mußte. Oft hatten wir Mühe, durch die Menge hindurch- 
zukommen. Und überall fremde Menschen! Die meisten hatten Eile. 
Nur wenige schlenderten so gemütlich wie wir, dort ein Schutzmann 
mit seinem blinkenden Helm, hier zwei Frauen mit roten Schleifen 
auf der Schulter und weiter dahinten einige Soldaten! 
Als der Vater sich eine Zeitnng kauseu wollte, sagte meine 
Schwester leise zu mir: „Sieh einmal, was ist denn das für ein 
Automat!" „Ei, du Naschkätzchen," rief ich lachend, „du denkst wohl, 
darin wären Bonbons und Schokolade! Da werden Bahnsteigkarten 
gelöst!" Als der Vater kam, gab er uns 30 Pfennig, und wir 
holten drei Karten. 
An dem Sndende des Bahnsteiges konnten wir erst so recht 
die Länge des innern Bahnhofes und das Gewirr der Schienen 
und Geleise in den 3 mächtigen Hallen übersehen. „Ja," sagte mein 
Vater, „ans den 18 Geleisen fahren täglich etwa 660 Züge ein und 
ans. Und hier," fuhr er fort, indem er nach links deutete, „sind die 
Diensträume der Eisenbahnbeamten und der Bahnhofspolizei." 
Jetzt hing der Schaffner den Kasten für die Fahrkarten um 
uud öffnete die Schranke«. Wir traten in den Bahnsteig 1 ein. 
Auf der einen Seite stand ein Zug zur Abfahrt bereit. Die Türen 
der einzelnen Wagenabteile waren offen. Lente stiegen ein und 
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