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V, Die Schweiz.
ganz außerordentlich fischreich und nährt Karpfen von 50-90
Pfund und Hechte von 50 Pfd.; am meisten aber werden die Röte¬
len, eine Art Forellen, geschätzt. Es fallen nur Bäche in diesen
See. — Der Luzerner-, gewöhnlicher Vierwaldstädter-
See genannt, weil er die 4 im Mittelalter Waldstädte genannten
Oerter Schwyz, Uri, Unterwald und Luzern bespült. Seine Ge¬
stalt, von allen Seiten von hohen Bergen eingeschlossen, ist sehr
unregelmäßig und bildet eigentlich 3 verschiedene Hauptbecken, wo¬
von das nördliche vorzugsweise der Luzerner-See, das mittlere
der Kreuztrichter, das südliche der Urner-See genannt
wird. Seine größte Länge beträgt 9 St., die größte Breite 4 —
5 St.; er ist an 600 F. rief und liegt 1320, nach Andern 1392 F.
über dem Meere. Die Reuß durchströmt ihn, außer welcher er
aber noch eine große Menge nicht unbedeutender Bäche aufnimmt.
Seine Ufer sind wenig angebaut, aber umgeben von sehr hohen
Bergen, wovon die nächsten der Rigi, der Axenberg und der Pi¬
latusberg; viele tiefe und schauerliche Buchten und Vorgebirge bil¬
dend, ist kein andrer See in der Schweiz so reich an stets wech¬
selnden, mannigfaltigen Naturschönheiten. Auch sind diese Ufer
der wahrhaft klassische Boden für die Geschichte der Schweiz: das
Rütli, wo zuerst die Freiheit der Eidgenossen beschworen wurde,
und die Teils-Platte und Kapelle, wo Tell aus dem Schiffe
des Landvogts mit kühnem Sprunge sich rettete, liegen jene an sei¬
nem westlichen, diese an seinem östlichen Ufer. Wie mehrere andre
Seen der Schweiz, so steht besonders dieser im üblen Rufe, we¬
gen der Gefahr ihn zu beschissen, und freilich wenn plötzliche Unge¬
witter eintreten, oder der Föhn, ein stürmender Südwind, aus
dem Gebirge losbricht, so begreift man wohl, daß die hohen Fel¬
senufer und die in den engen Kesseln sich hoch auftürmenden Wel¬
len manchem Schiffe den Untergang bringen müssen. Diese Gefahr
verschwindet aber, wenn man sich nüchternen, mit der Beschaffen¬
heit des Landes bekannten Schiffern anvertraut. Die Schifffahrt
auf diesem, wie auf den übrigen Seen ist in den Sommermonaten
nicht allein gefahrlos, sondern selbst höchst regelmäßig. Alle Mor¬
gen weht der Wind von den Alpen herab, und wird, nach der ver¬
schiedenen Lage, zum Ost- oder Südwinde. Von 9 — 12 Uhr
herrscht gewöhnlich Windstille, worauf sich Nachmittags ein gelin¬
der West- oder Nordwind einstellt, auf welchen bei Sonnenunter¬
gang dann wieder der Alpenwind folgt. — Der Brienzer-
See, im Canton Bern, von Nordost nach Südwest 3 St. lang,
Vz St. breit und an einigen Stellen 500 F. tief. Auch dieser See
ist sehr fischreich und wird wegen der Schönheit seiner Ufer von
Fremden häufig besucht. Ucberall ist er von hohen Bergen umge¬
ben, besonders an der südlichen Seite, wo die hohen Berner Al¬
pen emporsteigen. Der Giesbach, welcher sich von diesem Ufer,
unweit Brienz, in den See stürzt, gehört zu den schönsten Waffer-
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