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i. Homer.
§ 1. Entstehung, Verbreitung und Sammlung der
Homerischen Gesäuge.
1. Aus den Homerischen Gedichten selbst ersehen wir, daß die
Vorkommnisse des Trojanischen Krieges in epischen Gesängen be-
handelt worden sind. Es gab einen Stand der Sänger, der sich
an den Königshöfen und beim Volk großer Achtung erfreute und
bei häuslichen und öffentlichen Festen die Taten der Helden in
epischen Gesängen feierte. So besingt Phemios. die Rückkehr der
Griechen, Demodokos den Streit zwischen Achilleus und Odysseus
und Trojas Einnahme durch das hölzerne Roß.
2. Die Entstehung solcher epischer Gesänge, die sich an den
Trojanischen Krieg anschlössen, wird nicht lange nach demselben
anzusetzen sein. Dafür spricht einerseits die umfangreiche Detail-
schilderung, wie sie uns in den Homerischen Gedichten erhalten ist,
anderseits die große Gleichmäßigkeit des Tones und Einheitlichkeit
der Anschauung, die bei größerer Entfernung vom Ausgangspunkte
jedenfalls durch das Eindringen von Elementen aus der Zeit der
späteren Bearbeiter gestört worden wäre.
3. Niedergeschrieben waren diese Gedichte nicht. Darauf
weist die Mannigfaltigkeit und Unbestimmtheit der sprachlichen
Formen bei Homer hin, die mit der Festlegung der Sprache durch
die Schrift unvereinbar ist. Auch kommt in den Homerischen Ge-
dichten die Schreibkunst in unserem Sinne nicht vor. Alles wurde
mündlich verhandelt und überliefert.
4. Ist die Aufzeichnung der ältesten Homerischen Gesänge aus-
geschlossen, so bleibt nur übrig, daß sie durch mündlichen Vor-
trag weiterverbreitet wurden. Das ist um so wahrscheinlicher, als
das Bestehen von Sängerschulen, die sich die Pflege des epischen
Gesanges zur Aufgabe machten, eine geschichtliche Tatsache ist.
Die Rhapsoden trugen besonders bei Festversammlungen Homerische
Gedichte vor, die Homeriden, eine Genossenschaft auf Chios, wid-
meten sich der Fortpflanzung derselben. Die mündliche Überlieferung