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Sachsen.
Verfassung und Regierung.
Das Land ist mit dem 4. September 1831 in die Reihe
der konstitutionellen Staaten getreten und wird seit 1854 vom
König JOHANN aus dem Hause Wettin regiert.
Die höchste Staatsbehörde bildet das
Hesammtmmi sterium.
Dazu gehören:
1. Das Justizministerium, welchem
1 Oberappellationsgericht,
4 Appellationsgerichte,
17 Bezirksgerichte,
122 Gerichtsämter
untergeordnet sind;
2. das Finanzministerium, unter welches
4 Steuerkreise und ( zur Erhebung der direkten
23 Steuerbezirke > Steuern,
19 Hauptzoll- und Hauptsteueramtsbezirke zur Er-
Hebung der indirekten Steuern (mit Ausnahme
der Stempelsteuer)
gehören;
3. das Ministerium des Innern, dessen Ressort
4 Kreisdirektionen und
14 Amtshauptmannschaften
bilden.
Anm. Dieselben umfassen nicht mit die 5 Receß-
Herrschaften des Hauses Schönburg.
4. das Ministerium des Kriegs.
Unsere Soldaten bilden das 12. Armeecorps des
deutschen Heeres mit 1% der Bevölkerung im Frieden.
— Commandant ist der Generalfeldmarschall Kronprinz
ALBERT von Sachsen.
Das sächsische Heer besteht aus
3 Divisionen (2 Infanterie, 1 Cavallerie),
7 Brigaden (4 Infanterie, 2 Cavallerie, 1 Artillerie),
17 Regimenter (9 Infanterie, 6 Cavallerie, 2 Artillerie).
5. Das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts,
welches Uber
1 Landesconsistorium,
4 Kreisdirektionen,
37 Superintendenten,
11—1200 Geistliche (886 Kirchspiele),
ca. 6000 Lehrer
gesetzt ist.
Die höchste Kirchengewalt in der lutherischen Kirche
Sachsens haben die in Evangelicis beauftragten Staats¬
minister.
6. Das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten.
Dazu kommt noch, aber nicht als Staatsbehörde,
das Ministerium des königlichen Hauses.
Provinzen, Städte
Das Land wird in 4 Kreisdirektionsbezirke getheilt,
und zwar in den
Dresdner
Leipziger ( Kreisdirektionsbezirk.
Znnckauer 1
und Mutzner
Im Südwesten der Zwickauer Kreisdirektion findet sich
das Voigtland, welches durch eine Linie vom Rammelsberg
aus in nordwestlicher Richtung zwischen Göltzsch und Zwickauer
Mulde vom übrigen Gebiete abgeschnitten wird.
Der Bautzner Kreisdirektionsbezirk ist fast gleich der sächsi-
schen Oberlausitz, ausgenommen die Gegend von Bischosswerda.
Das ganze Land hat
142 Städte,
die 2/s (1 Mill.) der Bevölkerung enthalten, und
3294 Landgemeinden.
Im Vergleich zu anderen Ländern besitzt Sachsen sehr
viel Städte. Aus noch nicht ganz 2 s^Meilen kommt eine
Stadt. Die meisten Städte liegen auf dem flachen Nord-
abHange des Erzgebirges. Auf 1 ^Meile kommen 12 Ort-
schasten.
Unter den 142 Städten sind
7 über 20,000 Einw.:
Dresden, 177,000 Einw. Aus der durch die Anlegung einer
Fähre, wendisch Trasi, entstandenen sorbischen Ansiedelung
ist die schöne Residenz hervorgegangen, die volkreichste
Stadt, die wichtigste Kunststadt Sachsens. Zugleich ist
Dresden in neuerer Zeit außerordentlich reich an indu-
striellen Anlagen, wodurch freilich die herrliche Natur
in gewisser Hinsicht beeinträchtigt wird.
Leipzig, ziemlich 107,000 Einw. Diese Stadt ist, wie der
Name besagt (Lipzk von Lipa — Linde, also Lindenau),
sorbischen Ursprungs. Durch deutsche Fürsorge ist sie
gewachsen (Oster- und Michaelismesse unter Otto dem
Reichen, 1156—90) und bildet jetzt die zweite Handels-
stadt des deutschen Reiches, einen Hauptsitz deutscher
Wissenschaft und einen der wichtigsten Gedenksteine deut-
scher Tapferkeit.
Chemnitz, 68,000 Einw. Gab die bei den Sorben heimische
Leinweberei zur Gründung des Ortes Veranlassung, in-
dem sich die Gegend zur Anlage großer Bleichen eignete,
so verdankt die Stadt auch ihre Blüthe lediglich der ge-
werblichen Thätigkeit.
Zwickau, 27,000 Einw. Schon frühe blühte die Stadt auf,
da sie an der großen Handelsstraße von Nürnberg nach
Leipzig gelegen war. Ihre jetzige Bedeutung verdankt sie
jedoch vor Allem dem neueren Aufschwung desKohlenbaues.
Plauen, 23,000 Entw., ist der Hauptort iu Deutschland für
die Weberei weißer Baumwolleuwaareu, sowie für Weiß-
stickerei; überhaupt aber ist sie eine der gewerblichsten
Städte Sachsens.
Glauchau, 22,000 Einw. Die größte Stadt der Schönburg-
schen Receßherrschasten und Sitz der Gesammtbehörden
dieses Hauses. Zugleich ist Glauchau infolge der Fabri-
kation von wollenen und halbwollenen Stoffen eine außer-
ordentlich bedeutende Fabrikstadt Sachsens, ja in dieser Be-
ziehung einer der wichtigsten Plätze von ganz Deutschland.