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wein wird in großen Mengen hergestellt. Er ist selbst bei schwerer
Feldarbeit ein beliebtes Getränk.
Obwohl das Schwäbische Becken arm an Steinkohlen ist, findet
sich hier doch eine sehr rege Industrie. Schon im Mittelalter wurde
das Handwerk sehr lebhaft betrieben. Der Erwerbssinn der Bewohner
war damals bereits stark ausgeprägt. Aus dem Kleingewerbe ent¬
wickelte sich die Fabriktätigkeit, und es wurde zum Treiben der
Maschinen entweder die vorhandene Wasserkraft benutzt, oder
aber es mußten zur Erzeugung von Maschinenkraft Steinkohlen aus
den benachbarten rheinischen Kohlengebieten (Ruhrkohlengebiet
und Kohlenlager an der Saar) eingeführt werden. Auch die Rohpro-
dufte, welche verarbeitet werden, gelangen meist zur Einfuhr. So führt
der Neckar wiederum diesem Gebiete vorwiegend Kohlen und Eisen
zu, wenngleich etwas Eisen auch am Nordabhang des Schwäbischen
Jura sich findet. Sonst ist das Land ziemlich arm an Bodenschätzen;
nur Salz findet sich in größeren Mengen. Die Triasschichten sind
überhaupt reich an Salzlagern. Die württembergischen Salzlager
stehen hinsichtlich der Salzgewinnung nur wenig hinter denjenigen der
Provinz Sachsen zurück. Am meisten Salz wird bei Hall am Kocher
gewonnen.^ Sonst herrscht besonders am Fuße des Schwäbischen
Jura eine bedeutende Industrie: Herstellung von Maschinen
aller Art, Baumwollen- uud Tuchgeweben u. a. m.
Entsprechend der hohen Bedeutung des Neckars für dieses Ge-
biet finden sich naturgemäß eine Reihe bedeutsamer Siedlungen im
Tale dieser natürlichen Verkehrsader. Auch die Hauptstadt des
Königreichs Württemberg — das Schwäbische Stufenland macht den
größten Teil dieses Königreichs aus — Stuttgart, liegt nahe dem
Neckar. (Abb. 38.) Ihre Schwesterstadt Cannstatt, die ältere von
beiden, welche mit Stuttgart durch prächtige Parkanlagen verbunden
ist, grenzt hart an den Fluß. Beide Städte haben eine bevorzugte Lage
in herrlichen Talweitungen. Die industrielle Tätigkeit Stutt-
garts ist bedeutend. Sie ist eine ungemein vielseitige. Besonders treten
hervor Maschinenfabrikation, Baumwollen-, Woll-^ und Möbel-
industrie, Herstellung optischer Instrumente. Nächst Leipzig ist
Stuttgart außerdem der wichtigste Platz für den Buchhandel. Dieser
regen Gewerbtätigkeit entspricht natürlich ein lebhafter Handels-
verkehr. Zahlreiche Eisenbahnlinien gehen von Stuttgart aus bzw.
nehmen diesen hochbedeutsamen Handelsplatz in ihr Netz auf, so daß für
Zufuhr der Rohprodukte fowie Absatz der fertigen Waren aus-
reichend Sorge getragen ist. Die Stadt ist rings von Obsthainen und
Gärten umgeben. Seinen Namen verdankt Stuttgart einem Gestüt-
garten oder Fohlenhof. Die Grafen von Württemberg haben es zur
Hauptstadt der württembergischen Lande gemacht. Auch die bei weitem
kleinere Schwesterstadt Cannstatt ist in industrieller Hinsicht sehr rege.