— 104 —
„als neugeeintes Staatswesen (König Viktor Emanuel II. von Sardinien,
1859), von der Natur in jeder Hinsicht überaus begünstigt, reich an Schätzen
der Kunst und an Denkmälern einer großen Vergangenheit, hat dasselbe
eine glänzende, wenn auch weniger rasch, als die Italiener selbst wünschen,
sich verwirklichende Zukunft zu erwarten". Und noch heute ist Italien
ein Land der Sehnsucht für Maler, Bildhauer, Dichter, Gelehrte und Ver-
gnügungsreisende. Auch Tausende von Deutschen suchen alljährlich die
vielgepriesenen Lande jenseits der Alpen auf. Goethe bringt die Sehn-
sucht nach dem sonnigen Italien so herrlich in den Worten zum Ausdruck:
Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunklen Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht?
Kennst du es wohl?
Dahin, dahin
Möcht ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn!
Entstehungsgeschichtlich müssen wir eine Scheidung vornehmen
zwischen der Potiesebene einerseits und der Halbinsel mit dem
Grundstock des Apennin und den Inseln andererseits.
Die Potiesebene erinnert uns in ihrer Entstehung außerordentlich
an die Oberrheinische Tiefebene. Auch hier sanken einst (lange vor der
Tertiärzeit) die Schollen in die Tiefe. (Siehe die Entstehung der Alpen!)
In diese Grabenversenkung flutete dann ein Meeresarm der Adria. Da-
mals waren die herrlichen, nach Süden gerichteten Alpentäler Nord-
italiens Meeresbuchten, die den Fjorden Norwegens in jeder Hinsicht
ähnelten. (Nachweis!) Dann aber wurde der Meeresarm ausgefüllt von
den ungeheuren Schuttmassen, welche hauptsächlich durch die Gletscher der
Eiszeit und später durch dieFlüsse von den umrandenden Gebirgen, den Alpen
und dem Apennin, hierher verfrachtet wurden. Sie schufen eine Schwemm-
landsdecke (die Flüsse führten fetten Schlamm mit sich) von ungeheurer
Mächtigkeit. Von Norden tvon den Alpen) her waren die Ablagerungen be-
deutender, als vom Apennin. Daraus erklärt sich die größere Annäherung
des Po an den Südrand der Tiefebene. Auch in diesem Senkungsfeld
traten aus den Bruchspalten vulkanische Massen hervor, so in der Um-
gebung von Padua. (Den Vergleich mit der Oberrheinischen Tiefebene völlig
durchführen!)
Der Apennin schließt sich unmittelbar an die Westalpen an und
bricht steil zum Tyrrhenischen Meere ab. Dieser Umstand, sowie die
Ähnlichkeit im Aufbau der Halbinsel und der Inseln (Korsika, Sardinien,
Sizilien, Liparische Inseln), ferner die tätigen Vulkane (Vesuv, Ätna,
Stromboli) und die erloschenen Vulkane (z. B. westlich des Tiber und in
Latium, in den Albanerbergen: Kraterseen), die Erdbeben (Kalabrien,
Jschia u. a. Gebiete) und die heißen Quellen lassen darauf schließen, daß
die Halbinsel und Inseln Italiens mit dem sie heute trennenden Tyr-
rhenischen Meere einst ein gewaltiges zusammenhängendes Gebirge ein¬