Full text: Physische und politische Erdkunde der außerdeutschen Länder Europas und Amerikas (Teil 2)

Kelten aufgegangen, so daß wir die Franzosen — obwohl sie ihren 
Namen nach den Franken führen — in der Hauptsache als die Nach- 
kommen der alten Gallier ansehen müssen. Die Bevölkerung ist eine 
ziemlich einheitliche. Fremde Bevölkerungsbestandteile erkennen wir nur 
in den keltischen Bretonen in der Bretagne, den Flamen an der belgischen 
Grenze, den Basken am Nordabhange der westlichen Pyrenäen, den 
Italienern in den Französischen Alpen und auf Korsika, den Deutschen 
in Lothringen. 
Der Franzose zeigt einen merkwürdigen Gegensatz zwischen dem 
privaten und dem öffentlichen Charakter. Er ist leichtsinnig, ver- 
schwenderisch und gehorcht nur seinen Impulsen, wenn es sich um den 
Staat handelt, dagegen vorsichtig, sparsam und besonnen in seinen per- 
sönlichen Lebensverhältnissen. Er ist ordnungsliebend, besonders in der 
Jugend oft außerordentlich zähe in der Verfolgung eines bestimmten 
Zieles, dabei gesellig und von einer natürlichen Heiterkeit. An der 
rechten Gemütstiefe fehlt es ihm. Er ist mehr Verstandesmensch. Seine 
stark ausgeprägte Ehrfurcht artet leicht in Ruhmsucht aus. Mangel an 
Stetigkeit ist wiederum selbst in der geschichtlichen Entwickelung des Volkes 
zu erkennen. — Die herrschende Religion ist die katholische. 
Im Lande herrscht Wohlstand, zumal die Bevölkerungsdichte im 
Gegensatz zu anderen Staaten Europas (Belgien, Niederlande, England, 
Deutschland) gering ist. (Grund!) An der Auswanderung, besonders an 
der überseeischen, sind die Franzosen daher nur wenig beteiligt. — In 
der allgemeinen Volksbildung steht Frankreich hinter den germanischen 
Staaten (welchen also?) zurück. 
Mit dem Vertrage zu Verdun — im Jahre 843 — erstand Frankreich 
aus dem Reiche Karls des Großen. Freilich sind im Laufe der Jahr- 
hunderte — meist unter blutigen Kämpfen — mannigfache Grenzver¬ 
schiebungen und damit im Zusammenhang stehende abweichende Machtver- 
Hältnisse zu verzeichnen. So wechselte auch die Staatsverfassung: Königtum, 
Republik (Revolution 1789), Kaiserreich, Königreich, Republik, Kaiserreich 
und abermals Republik (Nachweis!). Heute steht an der Spitze der Re- 
publik wieder ein Präsident. Deputiertenkammer und Senat üben die 
gesetzgebende Gewalt. Das Land wird in 86 Verwaltungsbezirke oder 
Departements eingeteilt. 
Nachdem Frankreich fast alle früheren Kolonien (welche?) von Eng- 
land wieder entrissen waren (wie erklärt sich das?), begann es seit 1830 
mit der Erwerbung neuen Kolonialbesitzes. Heute umfassen seine 
Kolonien ein Gebiet von 6 Mill. qkm mit 49 Mill. Einwohnern. Es hat 
Kolonien in allen Erdteilen, — in Afrika: Algerien, Tunis (Schutzstaat), 
Französisch-Senegambien, Französisch-Kongo, Madagaskar, 
Reunion, die Komoren (Schutzstaat), — in Asien: Französisch- 
Hinterindien oder Jndo-Ehina (Tongking, Cochinchina, Anam, 
Cambodja — die beiden letzteren sind Schutzstaaten), in Vorderindien:
	        
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