— 209 —
einer See- mit denen einer günstig gelegenen Landstadt." Zur Römerzeit
war sie schon eine berühmte Handelsstätte. Tacitus nennt sie eine „durch
die Menge der Kaufleute und den Handelsverkehr äußerst berühmte Stadt".
Bis hierher macht sich die Flut in der trichterförmigen Mündung der
Themse bemerkbar, und die größten Seeschiffe können in dieser Zeit London
erreichen. Mächtige Docks (Bassins) ermöglichen ein schnelles Aus- und
Einladen der Schiffe, die aus allen Weltteilen hier einlaufen. In den
großen Lagerhäusern sind die Erzeugnisse aller Länder, wie australische
Wolle, Seide, Baumwolle, wertvolle Hölzer, Gewürze, Tabak, Kaffee,
Indigo it. v. a. aufgespeichert. In London kann man Angehörige aller Nationen
sehen — es ist ein internationaler Hafen- und Handelsplatz. Diese erste
Handelsstadt der Welt, deren Warenverkehr der bedeutendste auf dem
ganzen Erdenrund ist, ist auch durch zahlreiche Eisenbahnen und Kanäle
mit dem industriellen Nordwesten, mit Neuengland, verbunden, damit die
Schiffe, nachdem sie gelöscht haben, wieder hinausfahren können, mit
industriellen Erzeugnissen reich beladen, um diese fremden Ländern sowie
den eigenen Kolonien zuführen zu können. Außerordentlich günstig ist
es ferner, daß auch die bedeutendsten Hafenplätze des europäischen Kon-
tinents (welche?) nahe liegen. (Bedeutung!)
Die Fläche, auf welcher sich die Stadt erhebt, ist mehr als
4^mal so groß als die Berlins. In London wohnen aus einem
qkm etwa nur halb soviel Menschen wie in Berlin. Hier sind auch
die sogenannten Mietskasernen nicht in dem Maße zu finden wie in
Berlin. Der Engländer liebt ein bequemes Wohnen. Am liebsten
hat er ein Haus für sich und einen Garten dazu. Daraus erklärt sich
der weitläufige Bau der Stadt. Man sieht viele zwei- und auch einstöckige
Häuser in der Stadt. Deswegen kann man London trotz häufiger Nebel
und vielen Fabrikrauchs doch eine gesunde Stadt nennen. Die Vor-
städte führen mit ihren Anlagen und Gärten allmählich in das Land
hinüber. Daß es natürlich — wie in allen Weltstädten — auch in London
nicht an engen Straßen und Gassen fehlt, wo Armut, ja Not und Elend
herrschen, wo die Menschen kaum eine ärmliche Lagerstätte ihr eigen
nennen, ist selbstverständlich.
Etwa 11000 Straßen durchziehen die Riesenstadt, die sich auf beiden
Seiten der Themse ausdehnt. 19 Brücken und 5 Tunnels ermöglichen
den Verkehr zwischen den Stadtteilen, die durch den Fluß getrennt sind.
Ungeheuer groß ist an Wochentagen das Gewühl in den Straßen, be-
sonders in der City, welche den Kern der Stadt bildet. Hier hat der
Großhandel seinen Sitz. Hier befinden sich Tausende und aber Tausende
von Läden, Warenlagern und Schreibstuben. Die Kaufleute haben aber
ihre Wohnungen zumeist außerhalb der Stadt, in den Vororten. Morgens
suchen sie ihre Geschäfte auf, wohin sie einen Fahrweg von oft mehr als
einer Stunde zurückzulegen haben, um dann am Abend nach erledigten
Geschäftsabschlüssen wieder auf demselben Wege in ihr Heim und in ihre
Heise u. Marquardt, Erdkunde für Lehrerbildungsanstalten. II. 14