Full text: Physische und politische Erdkunde der außerdeutschen Länder Europas und Amerikas (Teil 2)

Abgeschlossenheit kommt Deutschland zugute; denn ein Teil seines Handels 
bewegt sich durch Deutschland (Transitverkehr). Russisches Holz und 
russisches Getreide werden z. B. auf der Weichsel nach Danzig gebracht. 
Rußlands Handel und Verkehr nimmt aber auch seinen Weg über den nicht 
schwerzu überschreitenden Ural nachder ostasiatischenKüste(Mandschurei), 
wenngleich ihm hier Japan seit dem Kriege 1904/05 manche Rechte 
streitig machte. — Rußland hat Westeuropa vor der Überflutung 
durch das Mongolentum bewahrt. Es bildet für Europa auch einen 
nicht zu unterschätzenden Schutz gegen die „gelbe Gefahr", und wie 
Rußland von Deutschland die wirksamste Anregung seiner Kultur empfangen 
hat, so wirkt es selbst wiederum für die Steppenvölker Asiens in bedeuten- 
dem Maße kulturfördernd, wenngleich auch im eigenen Lande noch vieles 
zu bessern ist. Wir können hieraus erkennen, daß das mächtige russische 
Reich feiner Lage und Natur nach mehr einen Binnenstaat und das Durch- 
und Übergangsland von Westeuropa nach Asien bildet. 
Ganz Rußland ist ein ungeheures Tiefland, das sich vom Nörd- 
lichen Eismeere bis zum Kaspischen und Schwarzen Meere, von der Ost- 
see, der Grenze Deutschlands und den Karpaten bis zum Ural ausbreitet. 
Diese gewaltige Tieflandsmulde ist von starken Bewegungen der 
Erdschollen, von Einbrüchen und Faltungen, von Hebungen und Senkungen 
und vulkanischen Ausbrüchen, wie solche in Westeuropa überall in reichem 
Maße zu erkennen sind, fast völlig verschont geblieben. Auf dem Grunde 
findet sich — freilich in bedeutender Tiefe — auch hier das Urgestein, 
ein durch Abtragung geschaffener Granitsockel, der Rest eines Falten- 
gebirges. An den Rändern tritt das Granitgestein zutage, so in Finn- 
land, auf Kola, im Ural, im Kaukasus, in Südrußland und in 
der podolisch-wolynischen Granitplatte. Im Innern sind dem Ur- 
gestein der Tieflandsmulde altzeitliche (welche?) und mittelzeitliche 
Schichten (nennen!) aufgelagert, und zwar in einer Regelmäßigkeit, wie 
sie sich nur durch jene fast völlige Unberührtheit erklären läßt. Gänz- 
lich unangetastet von den Bewegungen der Erdschollen freilich blieb auch 
dieses große Gebiet des europäischen Kontinents nicht. Dafür spricht 
z. B. das westliche Steilufer (Bergufer) der Wolga bzw. das östliche 
Flachufer (Wiesenufer) dieses größten Stromes Europas. Hier muß ein 
Abbruch erfolgt sein. Davon zeugen weiter auch einzelne Höhenrücken und 
Bodenschwellen im Innern des russischen Flachlandes, welche wohl als 
abgetragene Faltungen anzusprechen sind; denn in den Durchbruchstälern 
tritt das Urgestein deutlich hervor. — Altzeitliche Schichten treten 
bei Perm an der Kama, einem linken Nebenflusse der Wolga, also 
nahe dem Ural, als Dyas oder Perm (Rotliegendes und Zechstein) zutage, 
und abbauwürdige Kohlenlager finden sich bei Moskau, bei Perm und 
am Donez, nördlich der Münduug des Don. — Finnland weist mit 
der Halbinsel Kola hinüber zur skandinavischen Urgebirgsscholle. Diese 
Gebiete bilden zusammen den „Baltischen Schild". (Siehe Skandinavien!)
	        
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