Berge, aufgesetzt. Dann folgt die zweite Terrasse, Joko-Tibati, ungefähr 1000 m
hoch, die wieder ein Gebirge abschließt. Dieses führt auf die letzte Terraffe,
auf der Ngaumdere liegt. Von hier geht es dann tief herab ins Benue-
Tal. Ist im Küstengebiet ausschließlich Urwald, der auch die erste Terrasse
noch zum Teil bedeckt, so ist von Joko^) ab die Bewachsung eine gänzlich
andere: niedere Grassteppe und Wald sind nur an den Wasserläufen zu
finden. Hier oben in Tallatin -) wurde der Blick nicht müde, wieder und
wieder das sonnige Panorama zu betrachten. Wie die Wolken am Himmel
.dahinzogen, so eilten gespenstisch die Schatten über die Ebene; wie weit, wie
unendlich weit ist hier die Natur, wie klein der Mensch in ihr!
(6. Die Grassavanne bei Ngaumdere.) Am 18. morgens sahen
wir jenseits des Flusses ans grünen Wiesen weidende Herden und runde,
bienenkorbartige Strohhütten. Geschäftig liefen Männer und Frauen umher.
Wir sahen, wie die Leute die kleineu struppigen Pferde einfingen uud mit
Pfeil uud Bogen einigen am Wege gelegenen Kuppen zusprengten, wo sie
Aufstellung nahmen. Als wir näherkamen, winkten wir sie heran und
bedeuteten ihnen durch Zeichen, daß wir nichts Böses im Schilde führten.
Als sie unsere Führer erkannten, verloren sie jegliche Scheu uud kamen,
nachdem sie Speer und Bogen an die Erde gelegt hatten, auf uns zu. Es
waren Borroros mit fast europäischen Gesichtszügen. Sie trugen große
geflochtene Strohhüte auf dem Kopf, die durch einen Kinnriemen festgehalten
wurden; die einst weißen Hanssa-Toben waren schmutzig und zerrissen; an
den Füßen hatten sie Sandalen. Die Hirten riefen ihre Frauen, die aus
den Hütten große Holzschalen- mit frischer Milch brachten, auch Eier und
in kleinen Kalebassen Butter zum Verkauf anboten. Meine Wey- und
Jannde-Soldaten konnten sich nicht genug wundern, als ich mit den Haussa-
Soldaten gemeinsam von der schönen Milch trank. Sie hatten nie Milchkühe
gesehen und fanden es unverständlich, daß man etwas Ungekochtes genießen
könne. Der weiße Mann trank rohe Eier und Tiermilch! Unglaublich! —
Wir kauften zwei Kälber zum Schlachten für etwas Zeug uud Salz.
Die Borroros sind Besitzer großer Viehherden. Sie führen ein Nomadeu-
leben und ziehen den besten Weideplätzen nach. In die großen Städte
kommen sie selten; dort haben sie einen Vertreter, der ihre Interessen bei
dem Herrscher des Landes wahrnimmt. Sie gelten als frech und räuberisch
und werden von den handelnden Hanssas sehr gefürchtet. Ihr Viehreichtum
muß ein ganz gewaltiger fein; denn wir begegneten in der Heidelandschaft,
die wir nun durchzogen, fortwährend neuen Herden. Oft lagen die großen
Stiere mitten auf der Straße, die jetzt breit und ausgetreten war, wieder-
känend und starrten uns gleichgültig an, bis sie durch einen Steinwurf oder
durch einen Peitschenschlag aufgescheucht wurden. Dann trotteten sie lang-
sam beiseite. Die Janndes machten einen großen Bogen um jeden „Njatt"
(Büffel). Sie glaubten noch immer nicht recht daran, daß diese bei ihnen
gefürchteten Tiere hier so harmlos seien.
1) Südlich von Tibciti.
2) An der Südgrenze des Tibati-Reiches gelegen.
3) Der Mao Beli ist der Grenzfluß zwischen Tibati und Ngaumdere,