Full text: Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde

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mich auf dem Kriegspfade zu begseiteu und uns mit dem „Notwendigsten" 
zu versehen. Ein alter, weißbärtigcr Askari eröffnete den Zug. Ein mit 
langer Flinte bewaffneter, leichtfüßiger Araber ging ihm zur Seite, um ihm 
den Weg zu zeigen, und sechs weitere Askaris wurden uns vom Bezirksamt 
mitgegeben, um eventuell gegen alle Angriffe durch feindliche Streifkolonnen 
gesichert zu sein. 
So ging es gegen 1/28 Uhr bei herrlichem Wetter hinaus in die 
sonnenbeschienene, weite Steppe. Mein erster Marsch in das Innere Afrikas! 
Frohbewegt trat ich ihn an. Nicht nur das Eigenartige solcher Reise trug 
zu der freudigen Erregung bei, mich bewegte auch die Sehnsucht, nach langer 
Trennung den einzigen Sohn wiederzusehen, der wenige Tagemärsche ström- 
auswärts schwere Kämpfe gegen die Aufständischen erfolgreich geführt hatte 
und aller Voraussicht nach noch monatelang den Kampf in der Wildnis 
und gegen die Wilden fortzuführen hatte. 
Über völlig ebenes Gelände zog sich unser Weg durch die fruchtbaren 
Marschen des Niederungslandes dahin. Überall sah man die Spuren der 
deutschen Herrschaft. Anfangs war durch die sumpfigen Stellen hindurch 
ein breiter Fahrweg geschüttet, auf dem freilich bisher noch wenig Fuhr- 
werke verkehrten, da es an Ansiedlern und an branchbaren Zugtieren fehlte. 
Dann wurde der Weg enger; aber aus dem einfachen, schmalen Negerpfade, 
auf dem die Schwarzen im Gänsemarsch bei allen ihren Reisen sich zu 
bewegen pflegen, war ein etwa 2 m breiter Weg gemacht worden, um das 
in dem hohen Grase sonst überaus unbequeme Reisen zu erleichtern. Aber 
mit der Bequemlichkeit auf dem neuen Wege hatte es seine eigene Bewandt- 
nis: denn die harten Tonschollen, welche die Arbeiter beim Ausheben der 
Seitengräben auf die Mitte des Weges geschaufelt hatten, machten das 
Marschieren darin beinahe unmöglich, und das Ergebnis war, daß in den 
meisten Fällen die ganze Karawane neben dem angelegten Wege sich einen 
neuen Fußpfad getreten hatte, auf dem wir uns in endlosem Zuge trotz 
Sonnenbrand und Hitze mit schnellen Schritten fortbewegten. 
Kein Wunder, wenn die schwarzen Einwohner der zahlreichen Dörfer 
nicht gerade besonders erfreut waren über die Zwangsarbeiten, die sie unter 
Leitung ihrer Dorfältesten (Jumben) auf Anregung des Bezirksamtes an 
diesen Wegen zu leisten hatten, deren Nutzen ihnen vielfach noch nicht klar 
gemacht werden kann. 
Das Land, das wir durchzogen, war fruchtbarer, tiefgründiger Aue- 
boden, der zwar hier uud da etwas sumpfig uud mit saurem Humus bedeckt 
erschien, meistens aber wertvolles Kulturland und dabei verhältnismäßig 
gnt bebaut war. 
Während der ersten Wegstunden glaubte man auf einer langen Dorf- 
ftraße zu wandern, da immer wieder die leichten, viereckigen Hütten zwischen 
den gutbestellten Mais-, Mohogo- und Mtamaseldern an der Straße ent- 
lang standen. Schöne Mangobäume, zum Teil vou gewaltigem Umfange, 
beschatteten die verschieden großen Hütten, deren Wände meist aus dünnen 
Stangen und starkstengligem Hirsestroh hergestellt und mit Lehm beworfen 
waren, während ein ziemlich steiles Dach aus Palmblättern weit über die 
Vorderfront nach der Straße zu hervorragte uud so einen schattigen Vor- 
platz bildete, anf dem Männlein und Weiblein mit ihrem Nachwuchs hockten 
und neugierig zu den vorüberziehendem Fremden aufblickten. Die Männer 
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