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(3. Das Moseltal.) Übereinstimmend^) ist der reiche Rebenschmuck
der Bergwände, die ebenfalls aus schiesrigem Gestein bestehen; gleich ist auch
die große Zahl der Burgen, die malerisch die Berge krönen, sehr ähnlich
serner das Bild der Ortschaften, die an den Fluß sich betten, und deren
schiefergraue Dächer im Sonnenschein hell aufblitzen. Und doch wie ver-
schieden ist das Gesamtbild! Weniger großartig ist das Moseltal, wie auch
sein Fluß sich mit dem stolzen Rheinstrom nicht messen kann. Aber ein
reicherer Wechsel des landschaftlichen Bildes ist ihm eigen. Schon die viel
zahlreicheren Biegungen, die die Mosel macht, bewirken dies; denn bei jeder
Biegung öffnet sich dem Auge ein neues, oft völlig anderes Bild, während
sich im Rheintal jeder Blick ins Endlose verlängert. Am wenigsten ist die
unterste Strecke, von Cochem ab, durch Biegungen gegliedert, am reichsten das
mittlere Drittel zwischen Bernkastel und Cochem. Dort macht der Fluß
vielstundenlange Umwege, um fast zur uämlichen Stelle zurückzukehren. Am
meisten nähert er sich selbst nach der großen Schleife von Zell an der Stelle,
wo die ans hohem Felskamm gelegene Marienburg zur Betrachtung des
eigenartigen Landschaftsbildes mit einem doppelten Flußlaufe einladet.
(4. Blick ins Ahrtal.) Auf eine großartige Felsenlandschaft schauen
wir von der Burg Altenahr, dem Stammsitz des Grafengeschlechts von Are,
deren Bau bis ius zehute Jahrhundert zurückreichen soll, oder vom Weißen
Kreuz herab. Wohl zehnmal sehen wir die Ahr hinter den schroffen Fels-
wänden, die entweder mit zierlichem Buschwerk bewachsen oder bis hoch hinauf
mit Reben geschmückt sind, verschwinden und wieder hervorkommen. Bis
Walporzheim reicht der enge Teil des Ahrtales. Noch an vielen Punkten
entfaltet dieses mittlere Talstück seine eigenartige Schönheit. Zuweilen
erweitert das Tal sich etwas, und ein größerer Rebengarten nimmt uns auf.
Dann aber treten die Berge in malerischen Formen wieder näher an den
Fluß heran und zwingen ihn zu neuen Jrrlänfen. In dem kühlen Wasser-
gründe spielt die Forelle. Die rote Felsennelke schmückt das Gestein. Hie
und da sühren von der Landstraße Steinstufen hinauf zu den Weinbergen.
Wir wandern an der vielbesuchten Lochmühle und an dem in stillem Tal-
frieden liegenden Mayschoß vorüber und blicken hinauf zu den geringen
Resten der einst auf steiler Felshöhe so trotzig gelegeneu Saffenburg. In
breiterem Tal erholt sich die Ahr von ihren Jrrläusen. Dann grüßen wir
die Bunte Kuh, einen mit spitzer Nase aus der Bergwand heraustretenden
Fels. Der eigentümliche Name soll von einer Wette herrühren. Für den
Preis einer Kuh erkletterte ein Mädchen den Fels und wechselte auf der
vorspringenden Nase das Strumpfband. Gleich hinter der Bunten Kuh erreichen
wir Walporzheim, den weltberühmten Weinort, wo im St. Peter gar man-
cher Zecher des Weines Kraft erfahren hat.
(5. Der Kölner Dom.) Weiter westwärts wandernd, gelangen wir
zur Hochstraße, der Hauptgeschäftsstraße Kölns. Sie ist verhältnismäßig
schmal, und um so mehr tritt der lebhaste Verkehr, der sich zn jeder Tages-
zeit durch sie bewegt und in den Mittags- und Abendstunden fast zu stocken
droht, in die Erscheinung. Wir schließen uns der fluteuden Menge an und
ziehen an den glänzenden Geschäftsläden vorüber, bis wir auf dem Wallrafs-
platz plötzlich gebannt stehen bleiben. Wir stehen fast unmittelbar vor den
x) Mit dem Rheintal.