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Lichen Landes wurde das alte Ke ich in neuer Form wieder auf¬
gerichtet. Und kaum war der hochbetagte neue Kaiser Wilhelm I.
heimgekehrt, da gedachte er des Domes an den Ufern der Lahn
und befahl, daß im Glanze des wiedererstandenen Kelches auch
der alte Bau zu neuem Glanze erstehe.
Hunderte von Händen regten sich zum Werke. Ein glück¬
liches Auge fand unter der entstellenden Tünche die Beste der
ursprünglichen Malerei; sie wurde wieder hergestellt und das
Innere und Äußere ergänzt und erneuert. Acht Jahre dauerte
das mühevolle Werk. Da stand der Dom wieder da, wie er im
Jahre 1235 gewesen war: ein Sinnbild der Kraft und eine Zierde
des deutschen Vaterlandes.
Seitdem wandern alljährlich Tausende zu dem ehrwürdigen
Gotteshaus. Und haben sie es oben auf der Höhe bewundert, so
steigen sie hinab zur alten Brücke und werfen noch einen letzten
Blick auf das erhabene Meisterwerk heimischer Kunst. Wenn
dann die Sonne die Türme und Giebel mit ihrem Lichte über¬
gießt und Bau und Fels und das Grün der Bäume und des
Strauchwerkes in den klaren Fluten des Flusses sich spiegeln,
so stehen sie wie bezaubert lange still, damit das wunderbare
Bild sich tief in ihre Seele senke, das Bild vom St, Georgsdom
zu Limburg an der Lahn.
2V3. Das nördliche Hinterland.
Otto Eckhardt.
Handschriftlich von dem Verfasser.
„Drüben im Hinterland bin ich so gern:
nach Lahn- und Ederstrand zieht mich's von fern.
Waldesgrün, Waldesduft,
frifcb.freie Bergesluft
weckt dort die Wanderlust,
schwellt mir die Brust."
WaldeSgrün! Waldesduft! Frisch = freie Bergesluft! Welcher
Zauber liegt in diesen Worten! Wie freut sich das Stadtkind, wenn
es den grauen Häusermauern entfliehen und im herrlichen Buchenwald
flngm, springen und wandern kann! Wie ist aber auch andrerseits den
Kindern unsrer entlegenen Walddörfer der heimatliche Wald ans Herz
gewachsen!