56 Allgemeine Erdkunde.
gangs g egen den, so hat es insgemein ein starkes Gefall, ein
enges, häufig durch Felsstücken oder Felsenbarren gehemmtes Bett,
das entweder keiner oder doch nur sehr geringer Veränderung unterwor¬
fen ist. Stromschnellen und Wasserfälle kommen häufig vor, und
die Schiffahrt ist hier entweder schwierig oder ganz unmöglich.
§. 306. Ströme dieser Art fallen in der Regel in einer ein¬
zigen, tiefen, für Schiffe leicht zugänglichen Mündung ins Meer.
Das Wasser ist immer rein, und weil es schnell fließt, zur Anlage
von Müblenwerken vortrefflich geeignet.
§. 307. Die Gewässer in sekundären und alluvialen
Gegenden fließen langsamer aber mächtiger, das Bett ist tief, frei
von Stromschnellen und Katarakten, auch mitunter bis in die
Nähe der Quellen schiffbar. Indessen gewinnen auch manche aus
primären Gegenden herabfließende Ströme eine ansehnliche Breite,
sobald sie die Ebene erreichen; alsdann ist auch die Strömung nicht
mehr so reißend. Beispiele sind: der untere Lauf des Mississippi,
Amazonenstroms, Orenoko, Ganges, Nils und Rheins.^
§. 308. Die Ufer sind hier in der Regel niedrig. Das Bett
ist an den Seiten seichter und wird immer tiefer, je mehr man
sich der eigentlichen Strombahn nähert. Der Grund besteht aus
Kies oder alluvialem Erdreich, das leickt fortgeschwemmt werden
kann, weshalb denn auch das Bett besonders bei den Strömen,
welche oft austreten, sehr der Veränderung unterworfen ist. Das
des Po liegt jetzt eine bedeutende Strecke von dem entfernt, in
welchem er vormals floß. Auch der Ohio hat, wie man deutlich
sieht, vor Zeiten ein ganz andres Bett gehabt.
309. Häufig bilden die Flüsse in Alluvialgegenden Mar¬
schen und Savannen, und am Ufer liegen die üppigsten Wiesen
und Weiden. Diese Landstrecken sind ungemein fruchtbar, oft aber
sehr ungesund. Beispiele finden wir in Menge in den südlichen
Staaten der nord-amerikanischen Union. Das Wasser ist in der
Regel schlammig, und wo es sehr langsam fließt, halb verdorben.
§. 310. Das Gelände an den Mündungen solcher Ströme
ist insgemein flach oder niedrig; es besteht auö einem Delta, def-
en einzelne Arme oftmals wegen der Barren nur sehr schwer zu¬
gänglich sind. Die einzelnen Inseln eines solchen Delta sind meh-
rentheils sehr fruchtbar.
§. 311. Im untern Laufe häuft sich zuweilen Treibholz an.
Besonders im Mississippi. Der Atschafalaya, ein Arm desselben,
ist durch das sogenannte Raft (Floß), das aus festgeklemmtem,
mit Erde und Sand bedecktem Treibholze besteht, fast ganz versperrt.
Die .Holzmasse war vor 10 Jahren schon 2 deutsche Meilen lang,
220 Ellen breit, 8 Fuß hoch und binnen eines Zeitraumes von
38 Jahren angehäuft.
§. 312. Oft breiten diese Ströme, bevor sie münden, sich um
ihre flachen Ufer aus und bilden Strands een (Lagunen) und
Haffe. Solche Lagunen sind die von Venedig an den Mün¬
dungen der Brenta und des Bacchiglione; der Mensaleh-,
Mariut-, Abukir- und Burlos-See im Nildelta; die Haffe
vor den Mündungen der Oder, des Niemen und der Weich-