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Auch die Reserven konnten des Terrains nicht Meister wer¬ 
den. Das Centrum begann zu weichen. Es war Gefahr, 
daß dasselbe von einem entschlossenen Feinde durchbrochen 
werde. Sorgenvoll richteten sich die Blicke nach links, wie 
einst Wellington nach Blücher ausgeschaut. Aber es war 
noch nicht Zeit; früher als man erwarten durste, traf die 
II. Armee ein, die gleichfalls mit übergroßer Anstrengung die 
schwierigen Wege zurückgelegt. Es war 2 Uhr. Überall 
begann nun unaufhaltsam das Vordringen, wie ein Sturm 
brauste von Nordosten her der frische Angriff der Garde, 
der Schlesier, Posener, Preußen, von Dorf zu Dorf, be¬ 
sonders auf Chlum, den Schlüssel der Stellung, wälzte er 
sich vorwärts. Gegen 3 Uhr waren die Höhen von Chlum 
erstürmt, bald auch nach 4 Uhr diejenigen von Lipa, von wo 
aus die österreichischen Geschütze die Infanterie des Prinzen 
Friedrich Karl so furchtbar becirniert hatten. 
Die Schlacht war gewonnen, das rechtzeitige Erscheinen 
des Kronprinzen auf dem Schlachtfelde von Königgrätz 
hatte den hinüber und herüber schwankenden Erfolg in großer 
Entscheidung an die preußischen Fahnen gebunden." 
Der Kronprinz schrieb damals in sein Tagebuch: „End¬ 
lich nach vielem Suchen und Fragen fanden wir den König; 
ich meldete ihm die Anwesenheit meiner Armee auf dem 
Schlachtfelde und küßte ihm die Hand, worauf er mich um¬ 
armte. Beide konnten wir eine Zeit lang nicht sprechen, bis 
er zuerst wieder Worte fand und mir sagte: er freue sich, 
daß ich bisher glückliche Erfolge gehabt, auch Befähigung 
zur Führung bewiesen; er habe mir, wie ich wohl durch 
sein Telegramm wisse, für die vorhergegangenen Siege den 
Orden Pour le merite verliehen. Jenes Telegramm hatte 
ich nicht erhalten, und so überreichte mir denn mein Vater 
und König auf dem Schlachtfelde, wo ich den Sieg mit ent¬ 
schieden, unsern höchsten Militär - Verdienstorden. Ich war tief 
davon ergriffen und auch die Umstehenden schienen bewegt."
	        
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