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Schlagader des Staates und der von der Natur vorgezeichnete Weg ins Morgen- 
land, der Schiffahrt mancherlei Hindernisse bereitet (S. 54, 79) und in das 
ozeanferne Schwarze Meer mündet, weshalb sie auch als Schiffahrtsstraße weit 
hinter dem Rhein und der Elbe zurücksteht. Ungünstig ist drittens auch, daß 
Österreich-Ungarn zum großen Teile an wirtschaftlich noch rückständige Länder 
(Rußland, die Balkanstaaten) grenzt, während Deutschland die hervorragendsten 
Industrie- und Handelsstaaten zu unmittelbaren Nachbarn hat. Sucht man nach 
einem Vorzüge, den Österreich-Ungarn etwa dem Deutschen Reiche gegenüber 
besitzt, so könnte man auf die besseren, meist durch Gebirge geschützten Grenzen 
hinweisen, die aber auch wieder große Verkehrshindernisse bilden (Alpen, Karpaten). 
b) Das Klima Österreich-Ungarns zeigt infolge der großen Ausdehnung 
des Landes und der außerordentlich mannigfachen Bodengestaltnng sehr große 
und oft unvermittelte Gegensätze. In den w. Ländern, Böhmen, Mähren und 
dem Alpenvorland, vollzieht sich der Übergang vom Seeklima Westeuropas zun: 
Landklima Osteuropas, das bereits in Ungarn und Galizien in ziemlich starker 
Ausprägung erscheint. Die Gegensätze zwischen Sommerwärme und Winterkälte 
nehmen daher von W. nach O. rasch zu. Ebenso zeigt sich ein Unterschied in 
der Verteilung der Niederschläge. Während im W. Regen zu allen Jahres¬ 
zeiten fällt, haben die ö. Ebenen regenlose Spätsommer und daher Steppeu- 
natur. In den Alpen und Karpaten herrscht mitteleuropäisches Gebirgsklima. 
Eine eigene Klimaprovinz bildet das adriatische Küstengebiet, das sehr milde, 
regenreiche Winter und heiße, trockene Sommer hat und in dem bereits immer¬ 
grüne Gewächse und Südfrüchte gedeihen. Die mittlere Jahreswärme beträgt 
in den Karpatentäleru 6 — 8, in Böhmen, Mähren und Siebenbürgen 7—9, in 
der Ungarischen Ebene 10 — 11, im s. Tirol 15, in den Mittelmeergebieten 
14—18 °. Die Niederschläge sind sehr reichlich in den Gebirgen, vor allen: 
in den Alpen und am Westrande der Karstländer, wo vereinzelt Regenmengen 
von 240, ja sogar 430 cm vorkommen. Die regenärmsten Gegenden liegen 
innerhalb der Gebirgsringe. Das mittlere Böhmen, die Mährische Ebene, 
Ungarn und Siebenbürgen haben nur 40—60 cm jährlich. 
Im ganzen genommen kann das Klima Österreich-Ungarns als günstig 
bezeichnet werden. Der Donaustaat hat zwar nicht die milden Winter West¬ 
europas, aber auch nicht die glühend heißen, trockenen Sommer der weiter ö. 
unter gleicher Breite gelegenen Länder. Vor dem n. Mitteleuropa ist es bevor¬ 
zugt durch höhere Sommerwärme, die einen ausgedehnten Weinbau ermöglicht 
und in seinen s. Gebieten bereits die Erzeugnisse der Mittelmeerländer: Mais, 
Tabak, Südfrüchte, den Öl- und den Maulbeerbaum, gedeihen läßt. 
Landwirtschaft. Österreich-Ungarn ist vorwiegend Ackerbaustaat und 
gehört zu den fruchtbarsten Ländern Europas. Mehr als 3/5 der Bewohner 
finb in der Land- und Forstwirtschaft tätig. Nur 5 °/0 der Bodenfläche sind
	        
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