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hat die Regierung seitdem gegen 900 artesische Brunnen erbohrt, die in der
Minute über 260000 1 Wasser spenden. Ganze Oasengruppen mit Dattel-
Palmenwäldern sind dadurch entstanden, die der Regierung eine erhebliche Ein-
nähme bringen, da von jeder Palme eine Steuer von 10 Sous (0,40 M.)
erhoben wird. Die größten unter den Oasen sind die von Biskra mit 160000
Palmen, Wargla, Tnat und Tuggurt.
Die Bevölkerung besteht wie in Marokko aus Berbern, die hier Kabilen
heißen, Arabern, Mauren und Juden. Nur ist die Zahl der Europäer
bedeutend größer. Sie beträgt etwa 750000; darunter sind rund 450000
Franzosen, 120000 Spanier und 33000 Italiener.
Zwischen den Eingeborenen und den Fremden besteht eine tiefe Kluft: Sprache,
Sitten, Religion und Geschichte, alles trennt die Muslim von den verhaßten Christen.
Die französische Herrschast wird mit Unwillen ertragen. Die Regierung ist bemüht, durch
die Errichtung von höheren und Volksschulen die Bevölkerung zu gewinnen und mit abend-
ländischer Bildung zu durchdringen, wie es scheint, ohne großen Erfolg. Die Bande des
Blutes und der Religion erweisen sich als stärker, und die überall bestehenden, mit den
Moscheen verbundenen Koranschulen halten das Volk in den alten Anschauungen fest. Ein
anschauliches Bild von dem Unterricht in einer solchen Koranschule entwirft Schneller:
„In einer Fensternische sitzt der würdige Schulmonarch. Als Zeichen seiner Macht und
Würde hält er einen langen Stock in der Hand, der fast durch das ganze Zimmer reicht.
So kann er, wie die Kutscher auf den Alpenposten mit ihrer Peitsche auch die entferntesten
Pferde erreichen, auf jeden Schüler einwirken, ohne sich vom Platze zu erheben. Um ihn
herum sitzen auf dem mit Matten belegten Boden arabische Kinder, die den Koran lernen.
Jeder Knabe hält eine Tafel in der Hand, auf der ein Abschnitt aus dem Koran geschrieben
steht. Dies Pensum muß er in ungezählten Wiederholungen aufsagen oder vielmehr
brüllen, indem er mit übergeschlagenen Beinen auf dem Boden sitzt und den Kopf taktmäßig
nach vorn und hinten wiegt, eine Gymnastik, die gegen das lange Sitzen sehr heilsam sein
mag, nach Ansicht der mohammedanischen Schulmeister aber auch höchst geeignet ist, den
Geist rege zu erhalten. Sobald einer mit dem Schreien und Wiegen einhält, erhebt der
Schultyrann seinen Kopf und versetzt dem Säumigen eine wohlgezielte Aufmunterung auf
den Kopf, meist nur eine sanfte Berührung wie bei einem barmherzigen Kutscher, der
seinen Pferden nicht wehe tun will. Und die Berührung genügt, um den nachlassenden
Eifer sofort wieder auf die Normaltemperatur zu bringen." In einer andern Schule, die
Schneller in Tunis besuchte, ging es strenger her. Er sah dort, wie der Lehrer einem
Schüler, den mehrere andere festhielten, mit einem Bambusstock 8—10 wuchtige Hiebe auf
die nackten Sohlen versetzte und wie selbst ein 18 jähriger Student kräftige Stockhiebe auf
die Handflächen empfing.
Wirtschaftsverhältnisse. Algerien ist wirtschaftlich ungünstiger gestellt als
Marokko. Es grenzt nicht wie dieses an zwei Meere, und der anbaufähige
Boden nimmt eine bedeutend geringere Fläche ein. Aber die Hilfsquellen des
Landes werden in ganz andrer Weise ausgenutzt.
Frankreich hat in Algerien ein großes Kulturmerk vollbracht. Nicht weniger als
6 Milliarden Mk. sind von ihm im Laufe der Zeit für die Kolonie aufgewendet worden,
und noch bis in die letzten Jahre blieben die Einnahmen beträchtlich hinter den Ausgaben
zurück. Das Land hat jetzt eine geordnete Verwaltung; Eisenbahnen in einer Gesamtlänge