Schilderung eines Tages unter dem Äquator, 
flüchten sich, verfolgt von Dunkel zu Dunkel, und auf einmal steht 
rings um den entzückten Beschauer die Erde in frischem Tauglanz, fest- 
lich, jugendlich heiter: die schönste Braut. Kein Wölkchen am Himmel, 
ungetrübt wölbt er sich über der Erde, alles ist Leben; Tiere und Pflanzen 
im Genuß, im Kampf. Um sieben Uhr beginnt der Tau zu verschwinden, der 
Landwind läßt etwas nach, und schon wird die zunehmende Wärme be- 
merklich. Die Sonne steigt schnell und senkrecht am klaren und durch- 
sichtig blauen Himmel auf, in welchem alle Dünste gleichmäßig aufgelöst 
sind, bis sich späterhin niedrig am westlichen Horizont kleine, weiß- 
fMockige Wolken bilden; diese spitzen sich gegen das Tagesgestim zu 
und verlängern sich allmählich weithin am Firmament. Um die neunte 
Stunde wird die Wiese ganz trocken; der Wald steht im Glanz seiner 
Lorbeerblätter, andere Blüten entfalten sich, andere hat heiße Sonnen- 
glut bereits hinweggerafft. Noch eine Stunde später, und die Wolken 
wölben sich hoch auf, sie gestalten sich zu breiten, dichteren Massen 
und ziehen bisweilen verdunkelnd und kühlend unter der Sonne hin, 
die in leuchtender Fülle die Landschaft beherrscht. Es zucken die Pflanzen 
unter den sengenden Strahlen der Sonne. Goldbeschwingte Käfer und 
Kolibris schwirren lustig näher, in lebendigem Farbenspiel gaukeln bunte 
Schmetterlinge und Libellen am Ufer durcheinander; die Wege wimmeln 
von Ameisen, die in ausgedehnten Zügen Blätter zu ihren Bauwerken 
schleppen. Aber auch die trägeren Tiere empfinden den Sonnenreiz; 
das Krokodil steigt vom Schlamme des untern Ufers weiter herauf und 
lagert sich in den heißen Sand; Schildkröten und Eidechsen werden aus 
ihren feuchten Schatten hervorgelockt; buntschillernde und düsterfarbige 
Schlangen schleichen in die warm beleuchteten Fußwege. Die Wolken 
senken sich tief, sie sondern sich schichtenweise ab, immer schwerer, 
dichter, düsterer umhüllen sie bläulichgrau den Horizont, gegen den Zenit 
türmen sie sich an zu helleren, weitverbreiteten Massen, ein Abbild riesiger 
Gebirge in der Luft. Auf einmal überzieht sich der ganze Himmel, nur 
hier und da blickt noch die tiefe Bläue zwischendurch; die Sonne ver- 
birgt sich, aber um so heißer liegt die Glut der Luft auf der Land- 
schaft. Mittag ist vorüber: trüb, schwer, melancholisch hängt diese Stunde 
über der Natur; immer tiefer greift die Spannung, und das Weh ist da, 
welches die Lust des Tages gezeugt hat. Hunger und Durst jagen die 
Tiere umher; nur die ruhigen, die trägen, in die Schatten des Waldes 
geflüchteten ahnen nichts von der gewaltigen Krise der Natur. Aber sie 
kommt; raschen Schrittes und unabweislich wird sie hereinbrechen: schon 
erkältet sich die Luft, die Winde fahren wild gegeneinander, sie wühlen 
den Wald auf und dann das Meer, das immer schwärzer einher wogt, 
und die Flüsse, die dunkler und vom Winde übertönt lautlos dahin- 
zufließen scheinen. Der Sturm ist da! — zwei-, — dreimal reißt ein 
{ahler Blitz durch die Wolken; zwei-, — dreimal rollt der Donner, rollt 
‚angsam, ruhig erbebend; Tropfen fallen. — Die Pflanzen atmen aus 
der Ermattung neu auf; ein neuer Donner und nicht Regen, — Wasser- 
ströme ergießt nun der erschütterte Himmel aus. Der Wald erseufzt, das 
lispelnde Plätschern der bewegten Blätter wächst zum Rauschen an, zum 
weithin tönenden, dumpfen Getrommel; Blumen schwanken, Blätter fallen,
	        
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