Full text: Die außereuropäischen Erdteile und die deutschen Schutzgebiete (Teil 4)

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nach Schottland, Norwegen und Böhmen verspürt und verbreitete sich über Vis 
der ganzen Erdoberfläche. 
Die Erschütterungen geben sich oft nur als leises Beben und Erzittern kund. In 
andern Fällen bemerkt man ein Schwanken des Bodens, die Fensterscheiben klirren, und 
Gegenstände, die an der Decke des Zimmers hängen, geraten in pendelnde Bewegung. Wo 
aber Erdbeben mit großer Gewalt austreten, da gehören sie zu den schrecklichsten und ver- 
derblichsten aller Naturerscheinungen. Ost ohne jedes Vorzeichen hört man plötzlich ein 
Rollen wie von fernem Donner oder dem Abfeuern eines Geschützes, und noch ehe man 
sich darüber Rechenschaft geben kann, verspürt man einen heftigen Stoß, dem gewöhnlich 
in kurzen Zwischenräumen noch mehrere leichtere folgen. Man fühlt den Boden auf- und 
abschwanken, „wie wenn eine Wellenbewegung, wie die Dünung des Meeres, unter uns 
hindurchginge". Schornsteine und Häuser wanken hin und her, bekommen Risse und 
stürzen unter krachendem Getöse zusammen. An manchen Stellen öffnet sich die Erde und 
schließt sich wieder; es entstehen Erdspalten, an denen sich große Schollenstücke ost um 
mehrere m gegeneinander verschieben. Mitunter sinken große Landflächen ein und werden 
vom Meere überdeckt. Ereignet sich ein Beben im Meere, so werden gewaltig«', 10—20 m 
hohe Flutwellen erzeugt, die sich verheerend über die Küstenlandschaften ergießen (IV, S. 
147, 173). Das alles ist das Werk einiger Augenblicke. Bei dem furchtbaren Erdbeben 
in Lissabon (1755) kamen 60000 Menschen ums Leben; 1783 wurden in Kalabrien mit 
einem Stoße 109 Städte und Dörfer zertrümmert und 32 000 Menschenleben vernichtet, 
und noch viel furchtbarer war das Beben vom Jahre 1908, das neben vielen andern 
Orlen die großen Städte Messina und Reggio vollständig zerstörte und gegen 200000 
Menschen unter den Trümmern begrub. 
Die Erdbeben haben verschiedene Ursachen, und man unterscheidet danach 3 Arten: 
Einsturz-, vulkanische und tektonische Beben. Die Einsturzbeben sind auf den 
Einsturz unterirdischer Hohlräume, wie solche z. B. vom Wasser ausgewaschen werden, 
zurückzuführen. Sie ereignen sich besonders häufig in Gebieten leicht löslichen Gesteins, 
namentlich in Kalklandschaften, wie im Karst (III, S. 70). Sie erstrecken sich gewöhnlich nur 
über kleine Gebiete, können aber trotzdem sehr verderbliche Wirkungen haben. Die vnlka- 
nischen Beben stehen mit Vulkanausbrüchen in Verbindung und werden wohl durch die 
dabei stattfindenden Dampfexplosionen hervorgerufen. Die Erschütterungen sind meist auf 
die nächste Umgebung des Feuerbergs beschränkt. Die tektonischen Beben werden durch 
Verwerfungen und Faltuugen der Erdrinde verursacht. Die ungeheuren Pressungen und 
Spannungen, die durch die Einschrumpfung der Erde in den Gesteinsschichten entstehen, 
lösen sich plötzlich durch Biegungen und Brüche und rufen wie mit einem Ruck die 
gewaltigsten Erschütterungen hervor. Zu dieser Art gehören die meisten und größten Beben. 
Den Ausgangsort der Bewegung bezeichnet man als den Erdbebenherd. Er liegt 
meist in einer Tiefe von 10—40 km unter der Erdoberfläche. Die Erschütterung verbreitet 
sich wellenförmig nach allen Seiten, ähnlich wie eine Wellenbewegung, die um einen ins 
Wasser geworfenen Stein entsteht. Bei der Kugelgestalt der Erde wird natürlich die senk- 
recht über dem Ausgangspunkte liegende Stelle, das Epizentrum, zuerstund am stärksten 
von der Erschütterung ergriffen, die sich hier in aufwärtsgerichteten Stößen kundgibt. Je 
weiter ein Ort vom Epizentrum entfernt ist, in je spitzerem Winkel er also von der 
Bewegung getroffen wird, umsomehr geht diese in eine wellenförmige über, umfomehr 
verliert sie natürlich auch an Stärke. Die Geschwindigkeit, mit der Erdbeben sich fort- 
pflanzen, unterliegt großen Schwankungen, je nach der Beschaffenheit des Gesteins und der 
ursprünglichen Siärke der Bewegung. Man hat Geschwindigkeiten von 3 5 km, aber auch
	        
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