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Claustrum — das Verschlossene, wovon unser Wort „Kloster" abgeleitet
ist) zu leben. Die Bewohner behielten ihren alten Namen Mönche, d. i
Einsiedler; der Vorsteher eines Klosters führte den Namen Abt (von
Abbas — der Vater). Auch Frauen vereinigten sich bald in Frauen-
oder Nonnenklöstern.
Nach genau vorgeschriebener Ordnung wechselte in den Klöstern
gemeinsame Andacht mit Hand- und Feldarbeit nach festen Regeln ab.
Bald wurde das Mönchswesen auch nach dem Abendlande ver-
pflanzt und hier durch den heiligen Benedikt von Nursia (in Mittel-
Italien) durch feste Mönchsregeln geordnet. Er gründete das berühmte
Musterkloster Monte Cassino. Der Aufnahme in den Mönchsorden ging
eine strenge Probezeit (Noviziat) voran; die betreffenden Jünglinge oder
Männer führten den Namen „Novizen".
Bei der Aufnahme leisteten die Mönche das dreifache Mönchsge-
lübde: 1) der persönlichen Armut (das Kloster konnte hingegen aber
große Reichtümer erwerben), 2) der Ehelosigkeit (Cölibat), 3) des unbe¬
dingten Gehorsams gegenüber den Befehlen der Oberen.
Durch ihren Feld- und Gartenbau wurden sie oft Vorbilder für
die umwohnenden Landleute; auch durch ihre wissenschaftliche Beschäfti-
gung Studium und Abschreiben der Klassiker, sowie durch Unterweisung
der Jugend in den Klosterschulen, durch Pflege der Kranken, Beherbergung
der Reisenden, durch Gottesdienst und eifrige Mission haben sie zu jener
Zeit viel Gutes bewirkt.
l>) Das Klostcrlebm.
Das Leben und Treiben in einem Kloster lernen wir am klarsten
aus den Schilderungen des Mönches Eckehard IV. von St. Gallen
kennen. („Casus Sancti Galli"; er schildert uns in ber Mitte des 11.
Jahrhunderts, als man die welsche, strenge Zucht auch in St. Gallen
einführen wollte, mit Wohlbehagen das Leben in der guten alten Zeit
des Klosters.)
a) Gesuch König Gonrads I. im Gloster. (L Buch.)
Konrad wurde unter Lobgesängen gebührend empfangen. Es wäre
umständlich zu berichten, mit welchen Ergötzlichkeiten er die Tage ver¬
lebt. hat, vorzüglich bei dem feierlichen Aufzuge der Kiuber. Diesen ließ
er Äpfel mitten auf ben Boben ber Kirche vorstreuen, unb ba er auch
nicht eines ber kleinsten sich bewegen, noch nach ben Früchten seine
Aufmerksamkeit richten sah, bewuuberte er bereu Zucht.
Als er bas Mittagsmahl gemeinsam mit ben Brüberu einnahm,
lasen die Kinder der Reihe nach etwas vor. Als sie vom Lesepult herab-
stiegen, hob sie der König zu sich auf und legte ihnen goldene Münzen
in den Mund, und als einer der sehr kleineren unter ihnen das Gold
mit Geschrei ausspie, sagte er: „Der wird, wenn er das Leben be¬
hält, einmal ein guter Mönch sein!"
Nachdem der König einen Abend und eine Nacht dort fröhlich
verbracht hatte, wird er, weil aller Stimmen günstig fallen, ein verzeich-
neter Bruder. Er teilte einem jeden der Brüder ein Pfund Silber zu,
damit er es für die Kleidung behalte. Den Knaben verordnete er drei