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Der mittlere Sudan ist ebenfalls ein flaches, aber abflußloses Becken, das an
Größe dem des Ostsudans wenig nachsteht. Die Hauptwasseradern strömen .dem in
der Mitte in nur 270 in Höhe gelegenen Tsadsee zu, einem seichten, im N. und O.
sumpfigen Süßwasserbeckeu, aus dem zahllose Jnselchen hervorragen. Zur Trockenzeit
bedeckt er eine Fläche von der Größe der Rheinprovinz (27000 qkm), während
er in der Regenzeit aus das Doppelte anwächst. Die flachen Ufer sind mit
ausgedehnten Schilfdickichten bedeckt, die eine reiche Tierwelt, darunter insbe-
sondere Flußpferde uud Nashörner, beherbergen. Der Hauptzufluß des Sees, der
Schari, kommt von S.-O., hat etwa Rheinlänge und bildet ein großes Delta.
Die Bevölkerung ist sehr gemischt. Außer zahlreichen Negerstämyien wohnen hier
auch Araber, Fulbe und Haussa. Bis in die neueste Zeit bestanden mehrere, z. T.
mächtige Negerreiche: ö. von Tsadsee und Schari Wadai und Bagirmi, im N.
Kanem, im W. Bornu. Jetzt gehören die ö. und n. Gebiete zu Frankreich, die w. zu
England, und von S. her reicht die deutsche Kolonie Kamerun bis an den Schari und den
Tsadsee. Die größte Stadt ist Kuka (30000 E.) im englischen Gebiet.
Der Westsudan erhebt sich zu 500—600 m hohen Flächen, aus denen
öfter kleine Gebirgsmaffeu hervorragen. Zur Sahara hin senkt sich das Land
ganz allmählich, während es zur Küste meist in Stusen abfällt. Eine be¬
deutende Erhebung (2000—2400 m) hat die Landschaft Adamaua im Hinter-
gründe des Busens von Guiuea, uud nahe der Küste steigt die erloschene
Vulkanmasse des Kamerungebirges bis über 4000 m empor. Weiter w.,
im Hintergründe der Elfenbeinküste, erhebt sich das erst in letzter Zeit entdeckte
Druplegebirge bis 3000 m, nw. davon das Dfchallongebirge (1500 in).
In diesem haben die bedeutendsten Flüsse Westsudans ihre Quelle: Senegal
und Gambia, die nach W. zum Atlantischen Ozean strömen, und der gewaltige
Niger, der sich in den Busen von Guinea ergießt.
Der Niger, der drittgrößte Strom Afrikas, hat die dreifache Länge des Rheins. Er
beschreibt einen großen Halbkreis, der an seinem nördlichsten Punkte, bei Timbuktu, die
Sahara berührt. Auf seinem sö. gerichteten Laufe bildet er zwischen dem 15. und 19. Breiten-
kreise zahlreiche Stromschnellen, die nur bei Hochwasser mit Mühe von Schiffen überwunden
werden können. Weiter abwärts empfängt er von O. seinen größten Nebenfluß, den Wasser-
reichen Benuö, der eine ausgezeichnete Wasserstraße zum Mittleren Sudan bildet. Der
Niger mündet in einem großen Delta (24000 qkm). Die schiffbaren Hauptmündungs¬
arme werden wegen der bedeutenden Ölausfuhr als Ölflüsse (oil rivers) bezeichnet.
Trotz seiner Größe ist der Niger wegen seiner Stromschnellen bis jetzt eine unbedeutende
Wasserstraße geblieben.
Der Westsudan ist verhältnismäßig dicht bevölkert. Im f. Teile wohnen Neger, von
denen der Stamm der Mandingo früher ein großes Reich beherrschte. Im N. haben
sich die mohammedanischen Fulbe zu Herren des Landes gemacht, im O. bestanden
mehrere Haussa stallten. Die Haussa sind gewandte Händler, geschickte Schmiede und
stehen im Rufe, die besten, für die Wüstenwanderung nötigen Schläuche anzufertigen.
Jetzt ist das ganze Gebiet im Besitz europäischer Staaten. Der größte Teil des Niger-
gebietes gehört den Franzosen. Darin, nicht weit vom Niger, das als Karawanenstadt wichtige
Timbuktu (10000 E.). Am untern Niger liegt die englische Kolonie Nigeria (S. 50).