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Wenn?! Du Beschirmer der verdammten Beß,
Sprichst du von „wenn" mir noch? Verräter!
Herunter seinen Kopf!
Und wie er mit dem Fuß das Zeichen gab, traten jetzt
seine Söldner aus dem verdeckten Gange hervor und Lord
Hastings war-ein toter Mann.
Wir lauschen den Worten des Führers, die Eindruck machen
trotz ihrer Leiermelodie und schweratmend unter der schwülen,
staubigen Luft dieser Räume, vielleicht auch unter ihren Erinne-
rungen, erklimmen wir jetzt die letzte schmale Treppe und treten
durch einen der vier Türme auf das flache Dach des Towers
hinaus. Welcher Anblick!
Die Sonne lacht und der Himmel ist wolkenlos; glitzernd zieht
sich die breite Sonne vor uns dahin; tausend Boote durchkreuzen
ihn; Bienenfleiß in den Straßen und geschäftiger Lärm an Dock
und Werft. Das Gesumm steigt gen Himmel auf, bewußt und
unbewußt, wie die fromme Bitte: „Unter täglich Brot gib uns
heute". Und der Himmel gibt's. Wir aber, verloreu in dem An¬
blick, der sicb vor uns auftut, fühlen im Innersten: schön sind
die Schauer der Romantik wie Gespenstergeschichten am Kamin,
aber wohl uns, daß wir nur hören davon; —sie lesen sich gut,
aber sie erleben sich schlecht.
Theodor Fontane.
55. Bilder ans Norwegen.
1. In den S ch är eu.
Blauer Himmel, grüne Flut. Wie durch eine Allee von
Klippen, Riffen und Eilanden gleitet das Schiff iu ruhiger,
traumhafter Fahrt. Inseln überall, fern und nah. Kulissenartig
schiebt sich eine nach der anderen vor. Klippen, Riffe und Eilatlde
von allen Formen, allen Größen. Manchmal nur ein einziger
^teül, so flach, daß er wie aufs Meer geklebt erscheint. Gleich
daneben ein breitgedehntes Felsenland mit ragenden Kuppen,
nnt Schluchten und Wäldern. Aber die Bewaldung ist ebenso
eine Seltenheit wie die Besiedelung durch Menschen. Das