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Afrika. Nil. §. 37.
sy stein s von Flüssen, die zur Regenzeit seeähnliche Flächen bedecken, in der
trockenen Jahreszeit aber sich in schmale Wasserrinnen zurückziehen oder
auch ganz austrocknen, ist der (mit Mosqnitoschwärmen bedeckte) Tsad-
See, welcher einen Umfang von 40 Meilen hat und eine Fläche von
680 IHM. bedeckt, aber zur Regenzeit weit über seine flachen, mit hohem
Schils bewachsenen Ränder anstritt und seine Umgebung in ein unab¬
sehbares , inselreiches Sumpfland verwandelt. Sowohl gegen das Nil-
als gegen das Niger-Gebiet bildet eine schmale Bergkette die Wasserscheide,
so daß die Quellen der Tsad-Znflüsse in der unmittelbaren Nähe der
östlichen Nebenflüsse des Niger und der westlichen des weißen Nils liegen.
Die wichtigsten der (mohammedanischen) R eiche im Sudau sind a) in West-
Sudan : das frühere Reich der Hanssah, jetzt gethcilt in Gando (westlich)
und Sokoto (östlich), das letztere, das mächtigste der Fellata-Reiche, mit der
Hauptstadt gl. N. und mit Kano, wegen ihres lebhaften Handels das „London
des Sudan" genannt; Bornn mit dem wichtigen Emporium Knk a oderKukaua,
einem Hauptrastpunkte für die Mekka-Pilger; Adamaua (mit der Hauptstadt
Jola, bis zu welcher Dr. Barth vordrang), dessen reiche Produete einen wich-
tigen Handel herbeiziehen würden, wenn erst der Venne zu einer regelmäßigen
Schisffahrt benutzt würde, d) in Ost-Sudan: Kanem, Bagirmi, Wadai
und die das ägyptische Sud au (mit 10 Mill. E.) bildenden ehemaligen
Reiche Darfur (1874 erobert), Kordufan, Sennaar (s. S. 103).
ä. Das Stromsystem des Nils.
Der Nil ist nicht nur unter den Stromsystemen Afrika's das erste
und seiner physischen Natur uach eigeuthümlichste, sondern nimmt auch uuter
den größten Strömen der Erde eine der ersten Stellen, wenn nicht die
erste, ein (860 Meilen Stromentwicklnng), unterscheidet sich aber von den
Riesenströmen Asiens und Amerika's dadurch, daß er kein oeeanischer Strom
ist, sondern, wie die größten europüischeu, in ein Binnenmeer mündet, und
daß er namentlich in seinem untern Laufe zu beiden Seiten mit Wüsten
umgeben ist. — Dadurch sanden die Anwohner des untern Laufes sich nicht
veranlaßt, sich west- oder ostwärts ans ihrem Thale hinauszuwagen, ent-
wickelten aber anf dem beschränkten Räume, im schmälsten Lande der Welt,
eine ganz eigentümliche Cultur. In jüngster Zeit ist beinahe das ganze
Stromgebiet des Nils (bis zum 2.° n. Br.) unter der Herrschaft des
Khedive von Aegypten vereinigt worden, so daß dessen Reich (41000
EHM.) fast der Hälste des europäische!: Rußlands gleichkommt.
aa. Der obere Lauf des Nils.
Der längste Quellarm, Bahr-el-Abiad oder der weiße (d. h. klare)
Nil ist eiu Abfluß des Albert-Nyanza und hat seinen Ursprung in dem
Victoria-Nyanz a-See (S. 100). Auf der linken Seite nimmt er den
Gazellenfluß auf; rechts erhält er bei Chart nm, fast an der Nordgrenze
des tropischeu Regens, vom Westrande des abessinischen Hochlandes den
durch zahlreiche Zuflüsse verstärkten Bahr-el-Azrek oder blauen (d. h.
dunkeln, trüben) Nil (S. 99).
Im Gebiete der Nilquellen-Seen zeigt sich in kurzen Entfernungen ein
vielfacher Wechsel schwarzer, braunerund weißer (heidnischer) Völkerfch ästen,
welche meist kleine Staaten mit monarchischer oder republikanischer Verfassung
bilden. Das obere Nilgebiet mit tropischem Klima wird theils von (ein-
gebornen) Negern, theils von (aus Abessinien eingewanderten) Gallastämmen
bewohnt. Der ehemals bedeutendste Ort des obern Nillandes, die (1846