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Physikalische Geographie. — III. Geographische Klimatologie.
C. Wasserdampf und Niederschläge.
§ 378. Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Messung des Feuchtigkeitsgehaltes. Die
Atmosphäre enthält stets Wasserdampf in mehr oder minder großen Mengen,
sie hat einen gewissen Feuchtigkeitsgehalt. Sie kann aber nur eine gewisse
Menge Wasserdampf aufnehmen, und zwar um so mehr, je höher ihre Tem-
peratnr ist. Hat sie die Menge Wasserdampf aufgenommen, die sie höchstens
enthalten kann, so ist sie „gesättigt". Das Gewicht derjenigen Wasserdampf-
menge, die 1 edm Luft überhaupt aufnehmen kann, beträgt, in g ausgedrückt,
bei — 20° - 10° — 5° 0° 5° 10° 15° 20° 25° 30°
1,0 2,3 3,4 4,9 6,8 9,4 12,7 17,2 22,8 30,i.
In der Regel ist jedoch der Wasserdampfgehalt der Luft oder die absolute
Feuchtigkeit kleiner, als er bei der gegebenen Temperatur der Luft nach
dieser Reihe fein könnte, d. h. die Luft ist nicht mit Wasserdampf gesättigt.
Durch hinreichende Abkühlung kann eine nicht gesättigte Luftmenge auf den
Sättigungspunkt gebracht werden. Ist dieser erreicht, so kommt es bei
weiterer Abkühlung zur Kondensation des Dampfes, zum Niederschlag.
Die Temperatur, bei der das geschieht, nennt man den Taupunkt.
Da es also vornehmlich darauf ankommt, wie weit die Luft von der
Sättigung entfernt ist, so hat man sich genötigt gesehen, einen neuen Begriff
einzuführen: die relative Feuchtigkeit, d. i. das prozentische Verhältnis
des tatsächlichen Wasserdampfgehaltes zu dem bei der betreffenden Temperatur
möglichen. Mit diefem Ausdruck sind wir in der Lage, die Begriffe „trocken"
und „feucht", die uns aus unseren Empfindungen verständlich sind, näher
zu bemessen.
Zur genaueren Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes dienen Feuchtig-
keitsmesser (Psychrometer und Hygrometer), wie das Angnstsche Psy-
chrometer, Aßmanns Aspirationspsychrometer, das Haarhygrometer und ein
selbstregistrierender Apparat, der Hygrograph.
§ 379. Periodische Änderungen des Feuchtigkeitsgehaltes. Vertikale und hori-
zontale Verteilung desselben. Die absolute Feuchtigkeit erreicht in
der heißen Jahreszeit ihr Maximum, im Winter ihr Minimum. Was den
täglichen Gang der absoluten Feuchtigkeit angeht, so erreicht sie über dem
Meere das Maximum zur Zeit der höchsten Erwärmung, also um Mittag.
Auf dem Lande aber erreicht sie ihren höchsten Betrag etwas vor Mittag und
gegen Abend, ihr Minimum um Mittag. Die relative Feuchtigkeit zeigt
während des Jahres einen fehr unregelmäßigen, von den örtlichen Verhältnissen
abhängigen Gang. Während des Tages fällt das Minimum der relativen
Feuchtigkeit auf den Mittag, das Maximum im allgemeinen auf den Morgen.
Mit der Höhe nimmt die absolute Feuchtigkeit rasch ab. In
2000 m sind noch 40%, bei 5000 m nur noch 11% des Wassergehaltes
der Luft in der Nähe der Erdoberfläche vorhanden. Infolge der raschen
Temperaturabnahme aber wächst die relative Feuchtigkeit mit der Höhe,
so daß in einer gewissen Höhe die Luft sehr feucht erscheint.