Anthropogeographie.
I. Die Menschenwelt.
§ 392. Alter, Heimat und Einheit des Menschengeschlechtes. Von den Lebe-
Wesen der Erde ist der Mensch am spätesten nachweisbar. Wir besitzen deutliche
Spuren des Menschen aus der Eiszeit (vgl. § 334). Unbestritten ist die
Ansicht von der Einheit des Menschengeschlechtes, also davon, daß
die Menschheit ursprünglich einheitlich und völlig gleichartig war, gleiche Ab-
stammuug hat. Die Urheimat des Menschengeschlechtes dagegen ist uube-
kauut. Manche vermuten sie in einem tropischen oder subtropischen Teile Asiens,
andere in der einst in nordpolaren Gegenden gelegenen „Arktogüa". Von
ihrer Urheimat aus ist die Menschheit ausgeschwärmt und hat sich mit Aus-
nähme von abgelegenen, unwirtlichen arktischen Inseln, der Antarktis und
einigen vereinzelt liegenden Inseln im Stillen und im Indischen Ozean über
die ganze Erde verbreitet.
8 393. Die Zahl der Menschen. Für Ende 1910 ist die Zahl der Menschen
auf 1600—1700 Millionen Seelen anzugeben:
Millionen auf 1 qkm
Asien rund 880 20
Europa „ 450 45
Amerika „ 175 4
Afrika „150 5
Australien und Ozeanien ... „ 7,5 etwa 1
Antarktis
1600—1700 lT"
§ 394. Verbreitung des Menschen über die Erde. Dem Ziele, die Erde zu er-
oberu, ist die Menschheit im 19. Jahrhundert rascheren Schrittes näher ge-
kommen als je zuvor. Denn noch nie sind in so kurzer Zeit so große und bis
dahin spärlich oder gar nicht bewohnte Räume erschlossen und dichter besiedelt
worden, wie z. B. die Union und Argentinien. Zugleich hat die Bevölkerung
der alten Kulturländer die Schätze des Bodens und die Vorteile ihrer geo-
graphischen Lage in immer steigendem Maße ausgenutzt und ist dement-
sprechend schneller gewachsen, so auf dem Gebiete des heutigen Deutschen
Reiches seit der Mitte des 19. Jahrhunderts um 60%, im Königreich Sachsen
um mehr als 100°/0, in der Union sogar um 230%. (Um 1850 zählten
die Britischen Inseln 27,5 Millionen, die Niederlande 3,25, Belgien 4,5, das
Königreich Sachsen 2,i, das Deutsche Reich 35, die Union 23 Millionen
Bewohner.)
Innerhalb des von den Menschen zurzeit bewohnten Gebietes ist die Ver-
teilung der Bevölkerung sehr verschieden. Einen Maßstab dafür, wie weit die
Bevölkerung des Bodens Herr geworden ist, gibt im ganzen die Ziffer ihrer
Verdichtung, der Volksdichte auf 1 qkm. Dünn bevölkert sind die polaren
