Südeuropa. 83
3. Der Balkan, das Hauptgebirge in der Osthälfte der Halbinsel, ist eine Fort-
setzung der Karpaten und der Transsylvanischen Alpen und zieht als Kettengebirge
von der Donau in einem Bogen zum Schwarzen Meer. Stark hervortretende
Höhen und tiese Scharten sehlen. Die Pässe, von denen der wichtigste der S ch i p k a -
paß ist, liegen durchschnittlich 1300 m hoch (Brennerpaß = 1350 m). Der Balkan
ist eine weniger trennende Grenzscheide als die Pyrenäen und die Alpen. Da er
auch nur einen geringen Teil der Halbinsel durchzieht, hat der Name Balkanhalbinsel
wenig Berechtigung. Gleich den Alpen bildet aber der Balkan eine wichtige Grenze
des Klimas und der Vegetation. Auf seiner Nordseite herrscht infolge der von
Rußland kommenden kalten Winde noch strenge Winterkälte; die Hauptbeschäf-
tigung der Bewohner ist daher Getreidebau. Südlich vom Balkan dagegen liegt
das gesegnetste Gebiet der ganzen Halbinsel; im Maritzatal gedeihen in üppiger
Fülle Mais, Trauben und Rosenbäume, im Wardartal Tabak, Reis und Baum-
wolle. Im ganzen hat die Südosteuropäische Halbinsel infolge ihrer großen
Entfernung vom Atlantischen Meere heißere Sommer und kältere Winter als
das übrige Südeuropa; die Orange und Zitrone überschreiten denn auch nicht
die Linie von: Korinthischen Isthmus nach Dalmatien.
Politische Zugehörigkeit und Siedelungen.
Das Königreich Bulgarien nimmt die Hochsläche am Nordfuß des Balkans ein, die
langsam in das Tonautiefland übergeht, und erstreckt sich auch noch auf die Südseite des
Gebirges. Ter Boden ist infolge seiner Lößbedeckung sehr fruchtbar, aber baumarm und
steppenartig; er liefert namentlich viel Getreide. Tie Bewohner, welche wie die Serben
slawisch sprechen, sind sehr geschickt im Teppichweben; auch verstehen sie sich gut
auf die Bereitung von Rosenöl. Tie Hauptstadt Sofia liegt südlich vom Balkan an
der Linie Nifch—Konstantinopel. Warna am Schwarzen Meer ist der Haupthafen
Bulgariens.
Lstrumelien, das Stufenland der oberen Maritza und Tundscha, mit dem Hauptort
Philippopel, ist politisch an das Königreich Bulgarien angeschlossen. Am Schipka-
passe K a s a n l i k mit seinen Rosenfeldern.
Tie europäische Türkei. Südlich von Ostrumelien erstreckt sich hauptsächlich das Ge-
biet der unteren Maritza, welches die türkische Provinz Rnmelien^) umfaßt. Ihre bedeutendste
Siedelung ist Konstantinopel (türkisch Stambul), die Haupt- und Residenzstadt des
türkischen Reiches und die größte Stadt Südeuropas, auf einer hügeligen Landzunge am
Bosporus äußerst malerisch gelegen, über 1 Mill. Einw. Als Handelsplatz hat Konstantinopel
infolge seiner Lage an der Grenze zweier Erdteile und an der Verbindung zweier Meere
große Bedeutung. Ein tiefer Meereseinschnitt, das Goldene Horn, bildet einen
der besten Häfen der Welt. — Am Hellespont der Hafen Gallipoli; an der
Mündung der Tundscha in die Maritza liegt Adrianopel, 125000 Einw., hier
schneidet sich die Straße von Konstantinopel nach Belgrad mit jener vom Balkan
nach der Maritzamündung. — Ebenfalls zur Türkei gehört das mehrfach von Berg-
rücken durchzogene
Mazedonien mit den Flußtälern des Wardar und der Struma. Hier Saloniki,
die zweitgrößte Handelsstadt des türkischen Reiches, 145000 Einw., am Endpunkt des wich-
tigen Schienenweges, welcher das Wardartal durchzieht.
*) Rumelien — Romanenland, Ostrom.
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