Südeuropa. 85
Rumelien, Mazedonien nnd Albanien sind die einzigen Reste der Europäischen
Türkei, welche früher die ganze Balkanhalbinsel umfaßte. Sie ist neuestens in die Reihe der
konstitutionellen Staaten eingetreten. Ihre Bewohner sind zu einem Viertel Türken,
welche mit dem größten Teile der Albanefen der mohammedanischenReligion
angehören, während fast alle übrigen Bewohner der Balkanhalbinsel sich zur griechischen
Kirche bekennen. Ein weiteres Viertel der Bevölkerung sind Griechen, der Rest über-
wiegend Bulgaren. — Die Türkei hat noch Besitzungen in Asien und Afrika.
II. Die Halbinsel Griechenland.
Bodenbeschaffenheit. Griechenland ist Gebirgsland und von den
Fortsetzungen der Dinarifchen Alpen durchzogen. Da jedoch die Gebirgszüge keine
einheitliche Streichrichtung haben, sondern vielfach von der nordsüdlichen Haupt-
richtung nach Osten umbiegen, zerfällt das Land in eine Reihe von einzelnen Becken-
landfchaften, in die nicht selten das Meer eingedrungen ist, das hier eine große Zahl
von Inseln und Buchten bildet. Mit England und Norwegen besitzt Griechenland
die reichste Küstengliederung unter den europäischen Ländern.
Gebirge und Meer stoßen meist unmittelbar aneinander und erzeugen oft Land-
schaftsbilder von großer Schönheit; fruchtbare Anschwemmungsebenen aber fehlen
fast gänzlich. Die Gliederung nimmt von N. nach S. zu und ist im O. reicher als im W.
Die buchtenreiche Küste wies von jeher die Griechen auf das Meer, auf Seeschiff-
fahrt und Seehandel hin. Aber die starke Gliederung des Bodens und der Küste
begünstigte auch (wie in Mittel- und Süddeutfchland) die Auflösung des griechischen
Volkes in viele Stämme zum Schaden seiner politischen Macht.
Klima, Bewässerung und Pflanzenwuchs. Das Klima und
die Pflanzenwelt Griechenlands sind echt mittelmeerisch. Der Sommer ist regen-
arm, Juli und August völlig regenlos, der Winter aber mild und feucht. Im regen-
reichern W. finden sich noch schöne immergrüne Wälder mit Kastanien, Lorbeerbäumen
und Zypressen, im ganzen aber ist das Land waldarm, völlig kahl oder nur mit niedrigem
Buschwerk bedeckt. Kalkfelsen beherrschen die Landschaft. Im S. und auf den Inseln
wird viel Weinbau getrieben.
Landschaften:
a) Nordgriechenland. Inder Mitte von Nordgriechenland verläuft der P i u d u s;
von ihm ziehen parallele Gebirgszüge nach Westen und Osten. Der Westen, die
Landschaft Epirus, ist ein echtes Karstland, rauh und schwer zugänglich,
mit nur wenigen fruchtbaren, dichter bevölkerten Tälern. Die östlichen Ketten
mit dem gegen 3000 m hohen Olymp dagegen umschließen das T h e s s a l i s ch e
Becken, die Hauptkornkammer des Landes; aus ihm fließt der S a l ä m v r i a
durch die malerische Felsenspalte des Tales T e m p e nach Nordosten ab. Der
Hauptort Thessaliens ist Larissa.
b) Mittelgriechenland; hier biegt die Hauptkette nach Südosten um; als isolierte
Bergmasse ragt der Parnaß (2500 m) empor. Auf der Halbinsel Attika liegt
Athen, die Hauptstadt des Landes, 170000 Einw., am Fuße eines Felsens, auf
dessen breiter Scheitelfläche die Ruinen der einstigen Prachtgebäude der Akröpolis