Full text: Länderkunde von Deutschland (Wiederholungskurs), Verkehrskunde, Mathematische Erdkunde und Kartenkunde (H. 5)

Die deutschen Landschaften und Stämme. 43 
Friesen, der unserer Kriegs- und Handelsflotte die trefflichsten Matrosen liefert, 
der durch seine Deichbauten dem Meer den fruchtbaren Schwemmlandboden der 
Marschen abgerungen, ihn mit Gehöften und Dörfern besiedelt hat und durch muster- 
hafte Feldwirtschaft zu Wohlstand, ja Reichtum gelangt ist. 
Das ganze Westelbische Gebiet erfüllen, abgesehen von den Inseln und Küsten- 
strichen, die Niedersachsen, der größte und wichtigste Volksstamm des Tieflands. 
Der vielfach von dürrer Geest oder ödem Moor gebildete Boden zwingt zu harter, 
wenig lohnender Arbeit, verlangt große Wirtschaftsgebiete und begünstigt die Einzel- 
siedlung. So manche Charaktereigenschaften des Niedersachsen erklären sich hieraus, 
so namentlich sein gemessenes Wesen, seine Vorsicht, seine ernste, ruhige Gemütsart, 
seine Einfachheit und Bestimmtheit auf der einen Seite, Selbstbewußtsein und hoher 
praktischer Sinn, gepaart mit starker Freiheitsliebe, auf der andern Seite, Eigen- 
schaften, die in der ruhmvollen Geschichte der Niedersachsen von Hermann dem Che- 
ruskersürsten bis zu den Befreiungskriegen und namentlich in den berühmten Staats- 
männern und Geschichtschreibern, die diesem Boden entsprossen sind (Stein, Har- 
denberg, Bismarck; Möser, Schlosser, Niebuhr, Curtius), glänzend hervortreten. 
Dagegen war der sächsische Boden für Entfaltung der Künste weniger günstig. 
(Hebbel und Reuter.) 
Ebenfalls zum großen Teil von Sachsen besiedelt jist -das Ost- 
elbische Land; es war seit dem Ausgang der Völkerwanderung slavisch, ja selbst 
über die Elbe hinaus in das Gebiet der Altmark und des Obermains waren Slaven 
gedrungen und seßhaft geworden. Unter den großen Sachfenkaifern und später unter 
den Hohenstaufen begann die Wiedergermanisierung des Ostens, das größte 
nationale Werk des deutschen Volkes im Mittelalter, das indessen noch heute nicht 
vollendet ist. Polen bevölkern noch großenteils Oberschlesien, Posen und West- 
Preußen, Teile des frühern Königreichs Polen; gegen hunderttaufend Mafuren 
sind in Ostpreußen seßhaft, ebenso die noch etwas zahlreichern Litauer. Diese 
gehören dem Stamm der Letten an, der den Slaven verwandt ist. Die Kolo- 
nisation des überwiegend deutschen Ostpreußen war das große Werk des Deutsch- 
ritterordens. 
Erwerbszweige. Im Ostdeutschen Tiefland (Ostelbien) überwiegt die 
Land Wirtschaft. Roggen- und Kartoffelbau waltet in den n. Provinzen vor, ge- 
mifchter Anbau in Schlesien, und zwar in beiden Gebieten vorherrschend in Form 
des Großgrundbesitzes. In hoher Blüte stehen namentlich Branntweinbrennerei 
und Pferdezucht. Doch entfaltet auch die Industrie mehrorts eine bedeutsame 
Wirksamkeit. Abgesehn von den großen Werften an der Küste, blüht die Tuch- 
industrie besonders in der Mark Brandenburg, so in Luckenwalde, Kottbus, Guben, 
dann in Görlitz in Schlesien; Berlin selbst ist die größte Industriestadt des Reiches. 
Staßsurt hat große Salzlager, die Provinz Posen Braunkohlenlager, die Samland- 
küste liefert Bernstein, Rügen Kreide. 
Im Westdeutschen Tiefland wird an der Kultivierung der Moore eifrig 
gearbeitet. (S. I S. 56.) Mehrfach sind auch schon in öder Landschaft wohlhabende 
Moorkolonien (Fehnkolonien) aufgeblüht. Das glänzendste Beispiel ist Papenburg 
in Hannover. Auch die Heide weicht mehr und mehr der Kultur. Große Strecken 
werden aufgeforstet oder berieselt und verbessert. Bei Lüneburg und Stade trifft
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.